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Spurensuche mit Banane

Das letzte Band Feine Künste



Langsam schlurft Krapp auf die kleine Bühne und nimmt auf dem Stuhl am Schreibtisch Platz. „Ach..“ stöhnt der Mann, dem man die Jahre seines Lebens ansieht. Beschwerlich setzt er sich, die große Lampe baumelt direkt über seinem Kopf. Leise tippt er an ihren Schirm, sie beginnt zu schaukeln. Umständlich steht er auf, geht um seinen Schreibtisch herum und zieht eine Schublade auf. Zum Vorschein kommt eine Banane. Ein wohliges Lächeln breitet sich über sein Gesicht aus. Der Genuss von Bananen scheint immer noch seine Lebensgeister wecken zu können. Genauso wie das Wort „Spuuule“, das er mit Mund und Zunge so zelebriert, als wenn er die Windungen des Tonbandes aus dieser Spule, die er in seine Tonbandgerät einlegt, nachahmen möchte.
Oliver Törner ist eine hervorragende Besetzung für die Figur des Krapp aus Samuel Becketts Stück „Das letzte Band“. Seinem sprechenden Gesicht glaubt man jedes Auflachen, Grübeln, Schmunzeln, Erstauen, Bilanzieren und Insichgehen.
Heute will er sein letztes Band besprechen. Sein hörbares Tagebuch über sein Leben will er endlich abschließen. Doch zunächst hört er dem „Idioten, der ich vor 30 Jahren einmal war“ zu und empört sich lautstark über dessen poetische Illusionen. Das letzte Band, das die Gegenwart dokumentieren soll, zeigt ihm nur: Er hat nichts mehr zu sagen. Alles ist gesagt. Er reißt es heraus und wirft es auf den Boden. Denn seine damalige Hoffnung im Verzicht auf die Liebe seine literarische Karriere vorantreiben zu können, hat sich nicht erfüllt. Das muss er sich eingestehen. So legt er doch wieder das alte Band des „Idioten“ ein. Zu gern gibt sich Krapp den Erinnerungen an die schönen, für immer verflossenen Liebes-Stunden hin. Langsam verlischt das Licht auf der Bühne wie die Erinnerungen an das gelebte Leben.
In der intimen Atmosphäre der kleinen Zimmer-Bühne "Feine Künste" in Barmbek übertragen sich alle Emotionen von Törner direkt auf die Zuschauer:innen. Hier werden Krapps Melancholie, Selbstironie, Humor und Selbsterkenntnis direkt nachfühlbar. Unter der einfühlsamen Regie von Kyra Aleen Kröger und Jens Paarmann ist ein sehr intensiver Abend entstanden, dessen Wirkung man sich kaum entziehen kann.
Birgit Schmalmack vom 5.3.23