Zur Kritik von

Abendblatt 
 
 


Dansereye, Kampnagel



Energieströme
Drei Lichthalbkreise winden sich durch die Halle K2 auf Kampnagel. Sie umschließen und öffnen zugleich Räume der Bewegung für Tänzer und Zuschauer.
Die Notensammlung für Tanzmusik "Musyck Boexken Danserye" von Thielman Susato war für Gesellschaftstanz-Events Anfang des 16. Jahrhunderts gedacht. Musiker, Tänzer und Zuschauern sollten sich durch die mitreißenden Rhythmen zu einem organischen tänzerischen Miteinander anregen lassen.
Auch bei Sebastian Matthias überträgt sich die Energie der Musik auf die vier Tänzer (Jan Burkhardt, Lisanne Goodhue, Deborah Hofstetter, Isaac Spencer). In immer neuen Paarungen leiten sie die Energieströme von den Klängen und Rhythmenan ihre jeweiligen Partner weiter. Kreisende, raumgreifende Schwünge vollziehen sie mit ihrem ganzen Körper. Ohne sich zu berühren scheinen sie die Aura des Anderen aufzunehmen und für ihre eigenen Bewegungen zu nutzen. Einer von ihnen gibt den Anstoß zu neuen Tanzformen, die anderen nehmen ihn auf und leiten ihn weiter. Wie durch unsichtbare Gummibänder sind sie miteinander verbunden und ziehen sich gegenseitig durch den Raum.
Erreicht die Musik eine meditative Ruhe, scheint die Kraft nicht mehr für erhebende Schwünge auszureichen. Wie schlaffe Puppen klappen die Tänzer einzelne Gliedmaßen ab und kommen dabei dem Boden immer näher. Doch die Kraft der Musik weiß sie eben so schnell wieder zu erheben. Wie Marionetten an Fäden des gemeinschaftlichen Musikerlebnisses bewegen sie sich durch den Raum. Auch die Musiker sind nicht nur Erzeuger dieser Ströme, sondern werden von ihnen beeinflusst. So umgarnen die Tänzer einmal den Gitarristen und drehen ihn auf seinem Stuhl um sich selbst. Der Komponist Michael nutzt das Ausgangsmaterial von Susato, um es durch sphärische Improvisationen zu ergänzen und zu erweitern.
Die Zuschauer werden ebenfalls dezent aufgefordert, sich anregen zu lassen. Am Eingang bekommen sie Schellenarmbänder ausgehändigt, die sie mit leisem Klingeln Teil der Performance werden lassen, wenn sie denn wollen. So trat das Publikum am Sonntag mit zarten Glockentönen vielstimmig aus allen Ecken des Raumes in einen Dialog und wurde so Teil der Danserye.
Birgit Schmalmack vom 21.1.13




Danserye von Sebastian Matthias


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Nussknacker
Hamlet