Bridge Markland sticht heraus aus der Landschaft der Theaterschaffenden. Und zwar nicht nur optisch durch ihre markante Glatze. Sie spielte in ihren Performances schon mit den fluiden Genderzuschreibungen, lange bevor das zu einem Trend erklärt wurde. Ihre legendäre Verwandlungsshow „Die schönste Frau der Welt“ erreichte Kultstatus. Auch der Gender hinterfragende Film Venusboyz aus der 90er Jahren machte sie zu einer bekannten Figur in der avantgardistischen Performance-Szene. In Travestieshows trat und tritt sie nicht nur in Berlin sondern weltweit auf. Außerdem hat sie ein Format des Puppentheaters ganz neuer Art entwickelt: "classic in the box". Klassiker der Theatergeschichte inszeniert sie in einer One Women Show mit Puppen. die sie während der Aufführung aus einer Pappkarton auftreten lässt. Alle Performances präsentiert sie wahlweise auf Deutsch als auch auf Englisch, immer gekonnt die Kultur-, Sprach- und Gendergrenzen auslotend und überschreitend.
Zwei gute Jahre mit vielen Auftritten lagen vor Corona hinter ihr. Doch dann machte ihr der Shutdown einen Strich durch ihre Planung für 2020. Sie muss zurzeit von ihren Ersparnissen leben.
Doch Markland war nicht untätig. Auch sie war online. Und erlebte bei ihrem ersten Online-Auftritt Ende April, der im „AHA-Berlin“ live aufgezeichnet wurde, einen unerwarteten Zuspruch, der sie auch jetzt noch in der Rückschau beeindruckt. Sie erzielte sie Spenden, mit denen sie sich über einen Monat lang versorgen konnte. Doch beim zweiten und dritten Auftritt tröpfelten die Zuwendungen nur noch. Markland hat dafür vollstes Verständnis. Auch vielen ihrer Spender gehe es schließlich auch nicht blendend.
Die von der Stadt Berlin versprochene Unterstützung erreichte sie leider nicht. Die Online-Plattform, auf der die Soforthilfe für Künstler beantragt werden konnte, war nur wenige Tage offen, dann wurden die Bedingungen zur Beantragung für Soloselbstständige geändert: Nur noch für die laufenden Betriebs- aber nicht für Lebenshaltungskosten durften Unterstützung beantragt werden. Doch einen Betrieb haben Soloselbständige eher selten. Und Markland ist zu ehrlich um sich einen Betrieb zu erfinden.
Doch sie ist es nicht anders gewohnt: In sechs Jahren hat sie zwei Mal eine Projektförderung von der Stadt erhalten. So versucht sie andere Töpfe zu finden. Ab September hofft sie auf eine Projektförderung für ihr neues Projekt „Nathan in the box“. Sie hat eine sowohl beim Fond Darstellende Künste wie auch bei der Augstein Stiftung beantragt. Außerdem hofft sie auf eine Zusage für ein Stipendium von der Stadt Berlin, das ihr ein halbes Jahr 2000 Euro einbringen würde.
"Lustige Jobs kamen reingeflattert", erzählt sie: aus Edinburgh für eine Online-Performance, aus Minneapolis für die Online-Moderation eines Cabaret-Programms, vom Goethe-Institut in Washington ein Auftritt in einer internationalen Online-Cabaretshow.
Eine eingesendetes Video für die virtuelle Ausgabe des "Performance Art Festivals Berlin" brachten ihr tatsächlich 200 Euro, wundert sie sich noch heute.
Nun hofft sie darauf, dass ab Herbst wieder alle geplanten stattfinden können.
Markland hat durch ihre Kontakte in die anglo-amerikanische Szene den Vergleich: Sie weiß, dass in Großbritannien und in den USA die Theater reihenweise schließen mussten und alle Schauspieler gezwungen sind, ohne jede Einnahmen und Unterstützung klarzukommen.
Doch gleichzeitig blickt sie auch etwas wehmütig auf Hamburg. Dort wurden während der Online-Iniative "#keinerkommt" mit Online-Festivals am 12.5. und 18.6.2020 stolze 444.444 EURO durch den Ticketverkauf eingesammelt, die dann an die Hamburger Künstler weitergegeben werden konnten.
Doch in Berlin läuft die Initiative "Niemand Kommt" am 24.7. 2020 leider sehr schleppend an, wie sie letzte Woche auf der Pressekonferenz erfahren konnte: Bisher wurden nur 295 Tickets und damit ca. 8000 € eingenommen. Noch gibt es die Chance die Aktion doch noch zu einem Erfolg auch in Berlin werden zu lassen.
Birgit Schmalmack vom 16.7.20
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Theater in der Krise?
in Berlin