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Versus
Markus Pabst
Variete at his best
Variete ohne Künstlichkeit
„Uniformität – das ist das, was ich will. Nicht sein wie die Anderen – sinnlos!“ So klingt es zu Beginn der Show. Nach der Pause hat sich das Blatt gewendet; erst rückwärts gelesen ergibt sich der richtige Sinn: „Nicht sein wie die Anderen - das ist das, was ich will!“ Diese Individualität zeigten die acht sympathischen Artisten und bewiesen dennoch, wie perfektes Zusammenspiel untereinander funktioniert. Ein Spiel mit den Gegensätzen ist „Versus“, die neue Sommershow im Chamäleon. Stärke trifft auf Sinnlichkeit, Männer auf Frauen, Gruppen auf Einzelpersonen. Die vier Tänzerinnen stehen in ihren roten Tops für die Anmut und Lebendigkeit. Die vier männlichen Tänzer symbolisieren in ihren blaugrauen Outfits den Sportsgeist und die Kraft. Sorgfältig sind die kraftvollen Tanzstücke ebenso wie die Artistiknummern choreographiert. Wunderschöne Duette am Trapez oder Vertikalband erzählen Geschichten von vorsichtiger Annäherung oder von leidenschaftlicher Trennung. Die Männer liefern sich kameradschaftliche Wettkämpfe an der vier chinesischen Mästen am Bühnenrand. Gefährlich dicht über die Köpfe der Zuschauer schwingen sie sich um die Mästen herum, laufen sie bis zur Bühnedecke empor oder lassen sich blitzschnell hinabsausen. Vorsichtig werden sie dabei von den Frauen aus luftiger Perspektive beobachtet.
Ein weißes Tuch teilt die Bühne nach der Pause in zwei Hälften. Die eine Seite ist von den Männern und die andere von den Frauen belegt. Doch in der weißen Stoff-Wand gibt es kleine Schlitze. Plötzlich werden die Tänzerinnen von grauen Armen ergriffen und in die Luft gehoben. Dann schießen die Männer unter dem Tuch hindurch auf die andere Seite. Der Austausch kann weitergehen.
Zum Schluss knüpfen die Tänzer aus acht Vertikaltüchern ein Netz auf der Bühne, in dem sie alle wie Spinnen herumkletterten. Das Chamäleon befreit das Variete von der Künstlichkeit der Glitzer-Zirkus-Welt und holt es direkt vor die Füße des Publikums auf den kleinen Bühnenteller in der Mitte des Zuschauerraums. Atemberaubende Bilder erschafft diese einmalige Kombination aus Tanz und Akrobatik. Versus verbindet somit einen weiteren sonst üblichen Gegensatz: Variete und Kunst.
Birgit Schmalmack vom 3.8.10