Herr Kolpert
„Wir haben eine Leiche in der Truhe versteckt.“ Mit diesen Worten empfangen die Gastgeber Ralf (Jacques Ullrich) und Sarah (Anne Schieber) ihren Besuch: ihre Arbeitskollegin Edith (Nina Kolberg) und deren Mann Bastian (Georg Münzel). Man lacht über den witzigen Einstieg in den gemeinsamen Abend. Doch dann hakt die junge Blondine nach: „Wie ist das mit der Leiche gemeint gewesen?“ Paul spinnt den Faden weiter, seine Freundin beschwichtigt, die Frau wird nervös, der Mann cholerisch.
In seinem Stück „Herr Kolpert“ spielt David Gieselmann gekonnt mit den Ebenen der Wirklichkeiten. Er stellt sie in Frage indem er bewusst diffus lässt, was tatsächlich passiert. Roger Vontobel hat das in seiner Inszenierung des Stückes im Thalia in der Gaußstraße perfekt umgesetzt.
Im Altonaer Theater ist Axel Schneider einen anderen Weg gegangen. Er hat die Ebene der Realität verfolgt. Beim ihm taucht wirklich eine zerschundene Leiche auf, bei ihm fließt reichlich Blut und bei ihm sind am Ende alle tot oder zeigen nackt ihren wahren Charakter. Schneider wollte aber dennoch die Metaebene nicht vernachlässigen: Die Überlebenden können über das, was sie gemeinsam erlebt haben, am Schluss nur noch weinen. Den Kick, der ihre Lebenslangeweile endlich einmal durchbrechen sollte, haben sie zwar ausgekostet, aber die Ernüchterung folgte sogleich.
Schneider benutzt diese Geschichte über weite Strecken dazu, um das Publikum über diese absurden Leute auf der Bühne zum Lachen zu bringen. Allein Nina Kolberg vermochte wirklich zu berühren. Sie konnte die ganze Brandbreite ihrer Entwicklung von der schüchternen Kindfrau bis zur tuffen Mörderin während des Stückes erlebbar machen. Ihr glaubt man als Einziger am Schluss auch die Trauer über sich selbst.
Birgit Schmalmack vom 4.4.06
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