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Heimatlose suchen Haltepunkte
Die Kollegengruppe trifft sich zum Essen, diesmal ohne ihre Frauen. Das ist insofern passend, als ohnehin nur noch Georg über einen weiblichen Anhang verfügt. Albert hat den Frauen abgeschworen und fühlt sich seitdem viel freier. Olaf hatte so wenig Erfolg bei dem weiblichen Geschlecht, dass er voll und ganz darauf konzentrieren kann, das Rauchen aufzugeben. Und Rainer guckt lieber Pornofilme als sich dem Risiko der Realität auszusetzen. Ihnen stellt Theresia Walser in ihrem Stück „Wandernutten“ vier Frauen gegenüber, die sich statt im Chaos der privaten Gefühle zu tummeln lieber ins Wirtschaftsleben gestürzt haben, doch leider dort auch nicht wesentlich erfolgreicher sind als die Männer. Die zwei Pornodarsteller Ronnie und Ute scheinen bei all diesen heimatlosen Gestalten noch am besten zu wissen, worauf es ankommt. Ihnen sind schließlich keinerlei Abgründigkeiten der Menschen fremd. Dementsprechend gelassen können sie damit umgehen.
Regisseurin Stephanie Kunz verlegte das Stück auf eine rote Sofalandschaft. Sie rückte das Geschehen im Hamburger Sprechwerk dichter an die Zuschauer heran, in dem sie die Sitzverhältnisse umkehrte. Die Zuschauer saßen dort, wo normalerweise die Bühne ist und die Schauspieler agierten nun ebenerdig. Das Ensemble Proszenium sorgte mit seinen Profidarstellern wie gewohnt für Qualität. Zur Premiere am Donnerstag konnte das Theater kaum die zahlreich erschienenen Zuschauer fassen. Viel Applaus gab es am Schluss für den interessanten und zugleich amüsanten Theaterabend.
Birgit Schmalmack vom 14.4.06