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Berggasse 19: die Couch
Sigmund spricht!
In die Rolle eines Analytikers können die Zuschauer in der Pfeffermühle schlüpfen. Drei Psychoanalytikerpraxen sind auf drei Etagen verteilt, in denen sie jeweils drei Patienten (Eva Geiter, Hannes Florstedt, Bernd Hölscher in fliegenden Wechsel) empfangen.
Im stickigen Obergeschoss ist die Couch zu einem Waschtrog geworden. Mit einem Kissen wird es zur therapeutischen Liegestätte. Hier entblättert eine schwangere Frau ihr Seelenleben, die glaubt ihr drittes Kind durch einen Fluch im Bauch getötet zu haben. „Worte sind wie ein Messer, das ein Kissen zerschneidet.“ An den herumfliegenden Federn droht die erwünschte Freiheit der Frau zu ersticken. Die zweite Patientin ist eine Frau, die unfähig ist, Beziehungen zu Männern zu erhalten. Sie legt sich ins Wasser, um endlich die anschmiegsame Weichheit zu erlangen. Der letzte Patient stellt sich als Schauspieler heraus, der bloß einen Neurotiker spielt, weil die Regie es so will.
Der Diwan im Erdgeschoss empfängt eine Schlange, die ihrer Besitzerin mit all ihrer Lebensenergie zur Verwirklichung ihrer Kunst dienen muss, einen Aktionskünstler, der sich im Rahmen der Kunst von einer Kamera sein Leben aussaugen lässt und einen Polizeipräsidenten, der eine sich die Machenschaften einer Domina verstrickt.
Dagegen fällt die dritte Etage in der dramatischen Umsetzung hinter den beiden anderen zurück; sie ist eher für die Normalos unten Patienten reserviert. Ein Spieler, der im Casino sein Leben ordnen will, ein Schauspieler den Eifersucht auf seine erfolgreichere Freundin plagt und eine Medienfrau, die ihr Ich bei all der Fremdzuschreibung verloren hat.
Hintersinn ist in all diesen „Psycho“-Fällen gewollt. Zumal die Interpretation des Übervaters „Sigmund“ immer gleich in den eingespielten Zwischentexten aus Freuds Schriften mitgeliefert wird.
Ein toller Abend unter der Regie von Corinna Sommerhäuser in einer spannenden Location!
Birgit Schmalmack vom 18.6.10