Nähe trotz Distanz
Auf eine Hauswand in Altona werden Einblicke hinter die Fassaden projiziert. Es ist als wenn man durch die Fenster und Gardinen blicken könnte, in denen nach und nach in diesem Hinterhofkomplex an diesem Abend die Lichter angehen. Dabei befinden sich die Wohnungen, deren Wände hier gleichsam transparent werden, in verschiedenen Ländern. In Indonesien, Burkina Faso und Deutschland leben die Künstlerinnen, die hier in ihr bisher undokumentiertes Frauenleben Einblick gewähren. In der Zeit der Pandemie, in der das Reisen unmöglich wurde, traten sie über Videobotschaften in Verbindung, hoben die Distanz auf und gewähren intime Blicke in ihren Alltag, der sonst gerne hinter den zugezogenen Vorhänge und den geschlossenen Türen verschwindet.
Katharina Oberlik hat dieses Filmmaterial mit einem einfühlsamen, zart lenkenden und unkommentierten Schnitt zusammengestellt, der die Gemeinsamkeiten aufspürt. Erst diese Collagetechnik macht aus dem Material ein kunstvolles Bild, das in einen Frauenalltag über die Grenzen der Kontinente hinweg einfühlen lässt. Ob in der Küche, vor der Waschmaschine, am Klavier, am Schreibtisch, vor dem Kleiderschrank, im Flur, im Bett, mit sich alleine oder mit einem Baby auf dem Arm, dies sind Dokumente, die zeigen, dass Künstlerinnen auch noch viele andere Seiten haben. Dass sie in vielen Rollen im wahrsten Sinne zu Hause sind. Mit sich alleine und dennoch verbunden mit der Frauen der Welt. Wenn sie so intime Blicke in ihren Alltag erlauben, meint man ihnen ganz nahe zu kommen. Diese Zeit der Distanz erlaubt so eine ganz besondere Nähe.
Birgit Schmalmack vom 11.8.21