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Zero, FREIraum Köln

FREIraum: Zero Foto: Martin Miseré



Alles auf Anfang

Zuerst ist das Nichts, der Stillstand, dann der Anfang, der Beginn. Am Ende wird wieder das Nichts stehen, um wieder von vorne beginnen zu können. Der Kreis ist nicht nur das Symbol auf der Eintrittskarte sondern auch das Konstruktionsprinzip des neuen Stückes von Freiraum "Zero". Die Null ist schließlich auch nur ein eingedrückter Kreis. Alle fünf Tänzer kreiseln im rasenden Wechsel zwischen den drei Zuschauergruppen, die in getrennten Aufführungsräumen das Gelände des Odonien erkunden. In einem Raum der Schienenhalle werden die Zuschauer begrüßt, doch nur in Versatzstücken, die erst im Kopf der Zuhörer zu einem Ganzen zusammen gesetzt werden. Ein Mann rollt währenddessen mühsam drei Autoreifen durch die Halle, Am Ende wird er sie in die entgegen gesetzte Richtung zurück befördert haben.
In einer anderen Halle laufen die Tänzer beständig im Kreis um die Stange in der Mitte, nur das Tempo und die Richtung variieren. Einer steigt ein, einer läuft zur Tür hinaus. Scheinbar hat sich nichts verändert. Alles scheint sinnlos. Alle sind gefangen in ihren Kreisbewegungen, die kein Ziel kennen, außer dem einen nicht stehen zu bleiben.
In einem Außenraum stehen viele Autoreifen in einer Reihe. Neu werden sie angeordnet von einer Tänzerin, bis sie mit dem arrangierten Muster zufrieden ist. Doch als der Tänzer mit den Reifen seine drei hereinrollt, ist diese Ordnung gestört. Ein weiterer kommt und balanciert auf einem der größten von ihnen. Ein anderer versucht es und scheitert. Bis zum Schluss die Tänzerin vom Beginn die alte Ordnung wieder hergestellt hat.
Zum Abschluss treffen sich alle Zuschauergruppen vor der Schienenhalle. Zunächst stehen die fünf Tänzer nur bewegungslos vor der Graffitiwand. Kleine Schritte vorwärts, Kopfnicken, kleine Schritte rückwärts, Hin und Herschaukeln. Sie rücken zusammen wie die Erdmaterie, wie zu Beginn der Menschheit, und sprengen explosionsartig auseinander. Diese Menschen sind Individuen, die alle auf ihren einsamen Positionen bleiben und nur sporadisch zu gemeinsamen Momente finden. Wie einzelne Satelliten umkreisen sie sich, machen aber alle das gleiche. Wie menschenähnliche Roboter funktionieren sie, bis sich zuckend auf den Boden werfen. Ein Gesellschaft von Maschinen zwischen all dem Maschinenschrott. Damit scheinen sie auch ein Bild des sinnlosen Abarbeitens des alltäglichen Pensums zu sein. Zum Schluss ersterben auch die letzten Bewegungen und alles wird wieder auf Anfang gesetzt. Neue Menschenroboter werden kommen und es genauso machen wie sie.
Auch der Spielort Odonien scheint ein Sinnbild für das Vergehen zu sein, schließlich spielt FREIraum umgeben von all dem Schrott der vermeintlichen Zivilisation, der hier kurzfristig noch zu neuen Zwecken gestaltet worden ist, bevor auch er völlig verrostet zusammenfällt. Doch geht es nicht genau um dieses Dazwischen? FREIraum findet dafür wunderbar poetische intelligente Bilder.
Birgit Schmalmack vom 22.8.16