Not Hollywood

Herz Emoji Szene2wei



Schon Eingangsszene ist eindrucksvoll und vielversprechend: In der Mitte ist im Dunkeln eine golden schimmernde Kugel, die von einem Knäuel aus Menschen umgeben ist, zu erkennen. Ein Mann mit einer Taschenlampe taucht auf, der alle Teile der Bühne nach und nach in seinen Lichtkegel nimmt und auch die Kugel zum Flirren bringt. Sie ist nämlich eine riesige Diskokugel, die dieses Mal nicht an der Decke hängt, sondern auf dem Boden rollt und von den Menschen selbst in Bewegung gesetzt wird. Dann fällt der Taschenlampenschein auf das Schild, das ein weiterer Mann bewegungslos in die Luft streckt: "You can't hurry love". Der Song dazu wird von einem der Performer interpretiert.

Was ist und kann Liebe in dieser Zeit, in der Hass und Gewalt Spaltung und Angst verbreiten? Das Ensemble Szene 2wei, das 2010 in Essen gegründet wurde, plädiert in seiner Arbeit "Herz Emoji" für des liebevolle Zusammenleben und -arbeiten über alle Grenzen hinweg. Ihr wahrhaft diverses Ensemble formt auf der Bühne Formen der echten Gemeinschaft und lässt dennoch viel Raum für den individuellen Ausdruck jedes einzelnen. Jeder der sechs Tänzer:innen bekommt Platz für die spezifischen Talente, ob nun mit körperlichen Einschränkungen oder nicht. Doch auch für die verschiedenen Formen der nicht-binären Liebe fließen hier wie selbstverständlich mit ein. Das ist das, was Choreograph William Sánchez H. "politischen Tanz" nennt.

Dazu bedient sich das Team dieses Mal der ganzen Bandbreite der Liebeslieder, ob nun Popsong oder Opernarie. Und das Ensemble findet dazu die passenden Ausdrucksformen. Ob sie sich von der Übermacht der Gefühle der Gefühle niedergestreckt auf den Boden fallen lassen, zunächst noch von den Anderen gehalten, dann sich mit voller Wucht auf den Boden werfend. Ob sie sich in einer Wirbel der Emotionen im Kreis herumwirbeln und die Fransen an ihren Jacken fliegen lassen. Ob sie die dramatischen Posen zu der Liebesarie in einem Einkaufswagen erproben, den die anderen stetig kreisen lassen, während eine Performerin warnend erinnert: "Liebe kann man nicht kaufen!"

Zum krönenden Schluss wird noch einmal kräftig auf die Emotions- und Kitschtube gedrückt: Einer der Tänzer hat sich einen roten Herzumhang und alle anderen lange rote Handschuhe übergestreift, als aus den Kulissen ein gut gebauter Tänzer hervorspringt und zum Playback einen mitreißenden Lovesong mit aufreizenden Bewegungen performt. Hier haben alle ihren ganz eigenen Auftritt und sind doch Teil des Ganzen. Denn im Vordergrund steht das Motto, das im Hintergrund der Bühne leuchtet: "Same Moon". Wir leben und lieben alle unter demselben Mond.

Birgit Schmalmack vom 12.9.22