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Wie ein Wettstreit zwischen Äpfel und Birnen

Scheinbar zwei höchst unterschiedliche Disziplinen stehen hier heute Abend gemeinsam auf der Bühne und treten gegeneinander an. Dabei haben sie erst einmal wenig gemeinsam, wie auch der Moderator Sascha Theo Kühl zugeben muss: Auf der einen Seite stehen die Impro-Schauspielerinnen Tjorven und Verena vom Ensemble der Steifen Brise und auf der anderen die Poetryslammer Karoline und Hannes. Letztere bereiten ihre Texte sorgsam vor und feilen so lange an ihnen, bis sie genau die richtigen Worte gefunden haben, die sich meist auch noch reinem. Und die anderen leben ganz im Moment, vertrauen auf ihre Einfallskraft und Spontaneität, um sich witzige Szenen zu Schlagwörtern aus dem Publikum einfallen zu lassen. Damit man auch zwischen diesen zwei Disziplinen einen Wettstreit mit Publikumsvotum nach jeder Runde inszenieren kann, hat sich Theo fünf Runden mit Aufgaben für die Vier ausgedacht, die heute hier im Centralkomitee zur Freude des voll gefüllten Saales am Steindamm erfüllt werden müssen. Für den richtigen Soundtrack sorgt stets der Impro-Pianist Philipp Propp, der live zu jedem Akt genau die richtige Stimmungsmusik erfand.

So können die Teams sich in den folgenden Runden mal ganz in ihrem eigentlichen Metier austoben, mal sollen sie sich in dem der anderen Seite versuchen. So muss das Improteam im zweiten Spiel für den Text von Hannes über das ach so lebenswichtige Thema "die perfekte Pfanne fürs Leben" ein alternatives Ende finden. Erst danach verrät Hannes den eigentlichen Ausgang seines Textes. Einen "edukativen" Charakter hat eine weitere Runde: "Was sollte man in bestimmten Berufen unbedingt vermeiden?". Da schütten dann Friedhofsgärtner über noch an Särge klopfende Leichen einfach Erde, da empfiehlt eine Optikerin Globuli statt Brillenkorrektur oder eine Physiotherapeutin setzt die neue Technik der Zungenstimulation ein. In der letzten Runde "Rapid fire" sollen die Texte der Slammer als Inspirationsquelle für die Szenen der Spielerinnen dienen. Der Text von Hannes über das Handtuch, das zum Sandtuch, dann zum Landsertuch, damit Schandtuch und schließlich zum Verbrannttuch wird, dient so zur Szene über den Tuchfluch, in der das Tuch Tjorven zuerst zu Unsichtbarkeit verdammt, es aber dann zum Cape einer Superwoman mutiert.

Die Entscheidung, wer nun welche Runde gewonnen hat, fällt das Publikum in den meisten Fällen klar und unentschieden mit ihrem Applausometer, das für beide Seiten gleich stark jubelt. Theo hört wohl die feineren Unterschiede und gibt den Punkt mal an die eine, mal an die andere Seite. Zum Schluss steht es unentschieden. So halten absolut verdient die beiden Teams gemeinsam das kupferne Schiffchen, das als Trophäe zu gewinnen ist, in die Höhe. Steife Brise vs. Poetry Slam ist also ein Format, das das Beste aus zwei Welten zu vereinigen suchte. Wenn so kreative, zum gemeinsamen Blödeln aufgelegte Köpfe auf der Bühne stehen wie an diesem Abend, kann dies Experiment gelingen.

Birgit Schmalmack vom 6.1.24




Steife Brise vs. Poetry Slam, Centralkomitee


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