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Der Wert der Familie
„Ich habe einen Bruder.“ Das bekommt Charlie Babbitt (Stefan Haschke) erst bei der Beerdigung seines Vaters zu wissen. Er erfährt, dass nicht er das Vermögen seines Vaters erbt sondern das Geld an die Einrichtung geht, in der sein Bruder Raymond (Benno Ifland) seit dem frühen Tod ihrer Mutter lebt. Denn Raymond ist ein Autist, ein Savant mit Spezialbegabungen. Er kann zwar nichts vergessen, ist aber unfähig sich im Alltag zurechtzufinden. Charlie dagegen ist ein großspuriger Geschäftsmann, der immer am Limit lebt. Ständig in Schwierigkeiten, ständig in Gelderwartung, ständig in Geldnot und ständig auf großem Fuß lebend. So fasst er den Tod des Vaters und den Erhalt eines Bruders zunächst nur als eine mögliche, finanziell lukrative Transaktion auf, um schneller als gedacht aus seinen Schulden herauszukommen. Er entführt den Bruder aus seinem Heim, um seinen Anteil am Erbe zu erpressen. Zwei Beziehungsunfähige treffen hier aufeinander. Der Hyper-Egoist Charlie ist machtlos gegen die Eigenarten eines ebenso sturen Autisten, der sich gegen jede Veränderung seines Tagesablaufes lautstark mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen zur Wehr setzt. So wird Charlie in seinen bisherigen Turbolebensgewohnheiten auf unmissverständliche Art ausgebremst und gezwungen, sich mit diesem Menschen auseinanderzusetzen. So lernt nicht nur Raymond das Tanzen, das Glücksspielen, das Flirten und das Küssen auf dieser Fahrt sondern auch Charley weiß am Schluss den Satz „Ich habe einen Bruder, ich habe eine Familie“ mit entsprechenden Gefühlsinhalten wie Rücksichtnahme, Verständnis und Zuneigung zu verknüpfen. In den Kammerspielen zeigt Stefan Haschke diese Entwicklung vom egoistischen, Menschen ausnutzenden Kotzbrocken zum einfühlsamen Mitmenschen mit allen Übergängen. Benno Ifland schafft es unter seinen autistischen Zwangshandlungen Raymonds lange verborgenen Humor und seine verschüttete Lebenslust aufblitzen zu lassen. Jessica Ohl als Charlies Freundin spielt die Rolle des süßen blonden Dekorationsblondchen erwartungsgemäß. Während die Inszenierung unter der Regie von Christian Nickel den Hauptfiguren psychologisch einfühlsam nachspürt, erlaubt er sich leider bei den Nebenfiguren voll in die Klischeekiste bis an den Rand der peinlichen Überzeichnung zu greifen. Ansonsten wird der Rührseligkeitsfaktor in der Bühnenfassung in den Hamburger Kammerspielen erfreulich klein gehalten, obwohl die einfache Botschaft klar rüberkommt: Der Wert des Lebens ist nicht alleine in Dollars zu bemessen. Birgit Schmalmack vom 29.4.13
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Rain Man in den Kammerspielen Foto von Bo Lahola
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Rot Die Geiselnahme
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