So it goes
Billy Pilgrim schläft als Witwer ein und wacht in seiner Hochzeitsnacht wieder auf. Die Zeit ist für ihn keine Ebene, auf der er weiter fortschreitet, sondern ein Strudel, der ihn immer wieder in eine andere Phase seines Lebens wirft. Als amerikanischer Soldat erlebt er so den zweiten Weltkrieg mit. Aus seiner besonderen Perspektive, die ihn immer wieder Distanz bewaren lässt, wirft sein Autor Kurt Vonnegut einen Blick auf das Kriegsgeschehen, das den unaufhaltsamen Strudel der Ereignisse nachempfinden lässt.
Regisseurin Wenke Hardt findet mit ihren beiden Darstellerinnen eine wunderbar passende Umsetzung für die Bühne. Eine Holzbank, ein Holzpodest und ein kleiner Tisch, mehr brauchen die beiden Performerinnen Claudia und Monika Wiedemer nicht, um die Zuschauer mit in die ineinander geschnittenen Szenen zu nehmen. So geht es von der Hochzeitsnacht auf das Lazarettbett, von der Schlacht gegen die Deutschen ins Gefangenenlager, vom übervollen Zugabteil in den Bunker in Dresden, von den Erziehungsbemühungen seines Vaters zur Auswahl seiner Aussteuer mit seiner Verlobten. Sekundenschnell ist der Wechsel. Eine Lichtänderung und schon ist klar, dass Billy wieder in eine andere Zeitebene gerutscht ist. Immer bleibt Billy der sympathische, lakonische Beobachter seines eigenen Schicksals. „So it goes“, lautet stets sein Kommentar.
Besonders berührend ist seine Schilderung der letzten Kriegstage in Dresden. Als er in der Stadt ankommt, erscheint sie nach seinen jahrelangen Erfahrungen des Grauens, der Zerstörung und der Verwüstung wie eine Stadt im Himmel. Golden glänzen die unversehrten Kuppeln und Türme, geschäftig gehen die Menschen unberührt vom Krieg ihren Geschäften nach. Doch als er sich nach der Bombardierung mit den anderen Amerikanern wieder aus dem Lager unter dem Schlachthof 5 herauswagt, betreten sie eine Mondlandschaft. Sie wandern von einem Krater zum nächsten, unter sich die verschütteten Leichenkeller.
Das Gastspiel aus Berlin sahen leider viel zu wenige Zuschauer in Hamburg. Die aber an diesem schönen Frühlingsabend den Weg ins Hamburger Sprechwerk fanden, bereuten es sicher nicht. Sie hatten eine herausragende Romanadaption miterlebt und einen aufwühlenden Einblick in eine historische Zeitspanne bekommen.
Birgit Schmalmack vom 24.4.15