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Zur Kritik von |
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Scherben, Ernst Deutsch Theater |
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Sich der Angst stellen
Freud hätte an dem Stück „Scherben“ von Arthur Miller seine Freude gehabt. Erzählt es doch in exemplarischer Weise von den Folgen der Verdrängung. Die schlichte, konzentrierte Inszenierung im Ernst Deutsch Theater von Yves Jansen legt alle Beteiligten nacheinander auf die Couch. Die Jüdin Silvia (Isabella Vértes-Schütter) hat Angst. Lähmende Angst. In der Berichterstattung über die Judenverfolgung in Deutschland erkennt sie ein Spiegelbild ihrer eigenen Situation in der Ehe mit ihrem Mann (Henry Arnold). Während sie von ihrer Angst gelähmt im Bett liegt und somit zur Konfrontation mit ihrer seelischen Not gezwungen ist, ist ihr Ehemann ein Musterexemplar der Verdrängung. Seine jüdische Herkunft kaschierte er bisher mit einer Überanpassung. Sein Sexleben lag seit 20 Jahren brach; zu groß war sein Perfektionsdruck und sein Versagensangst. Durch die Paralyse seiner Frau brechen nun all diese sorgsam gehüteten Geheimnisse auf und lassen die Risse an die Oberfläche dieser perfekt integrierten Familie offenbar werden. Auch Philipp muss ihnen ins Auge blicken und seinen Anteil daran erkennen. Mit dem behandelnden Arzt entspinnt sich eine Dreiecksgeschichte, die den tiefenpsychologischen Aspekten der gegenzeitigen Verstrickungen auf den Grund geht und sie gleichzeitig anheizt. Yves Jansen seziert in dem ruhigen, sparsamen Szenario aus weißen Möbeln vor projizierter Herrenhauskulisse sorgsam die Traumata der Eheleute und legt sie so weit bloß, bis auch die Kulisse einer schwarzen Rückwand gewichen ist. Herny Arnold gibt einen zunächst sehr kontrollierten überangepassten Banker, der alles im Griff zu haben glaubt. Seine vermeintliche Sicherheit entgleitet ihm zunehmend und er steht fassungs- und haltlos vor den Trümmern seines Lebens. Isabella Vértes-Schütter zeigt eine Frau, die in ihrer Krankheit die Chance sieht, die Fassaden aufzubrechen. Steffen Gräbner ist ein vitaler Arzt, der seine Patienten ganzheitlich und lebensklug behandelt. Millers Stück glaubt an die Kraft der Kommunikation, es wendet sich gegen die Verdrängung und plädiert für die offene Aufarbeitung. Diese Eindeutigkeit gerät manchmal in Nähe von Pathos. Jansen versucht mit intensivem Kammerspiel dieses Zuviel zu umgehen. Zum Schluss steht Silvia wieder auf, doch um welchen Preis? Birgit Schmalmack vom 16.10.13
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