Train to Pakistan, Theater Das Zimmer



Parabel der Menschlichkeit


Im Dorf Mano Majra ist die Welt noch in Ordnung: Die Religionen leben friedlich nebeneinander. Der Vorsteher der Sikhs versteht sich bestens mit dem Vorbeter der Moschee. Doch nach dem Weltgang der Engländer 1947 brodelt es. Die Aufteilung in einen muslimischen und einen hinduistischen Teil durch Lord Mountbatten fürht zu ethnischen Säuberungsaktionen. Eines Tages hält auch in Mano Majra ein Zug, der das Unheil direkt in ihr Dorf bringt. Es ist ein Geisterzug, ein Zug voller Leichen, voller toter Sikhs. Von Außenstehenden angefeuert beginnen nun auch im Dorf die Überlegungen zur Separierung.. Die Evakuierung der Muslime ins neu gegründete Pakistan soll die vermeintlichen Störer der Volkesruhe beseitigen. Doch aufgewiegelte Sikhs wollen einen Anschlag auf den Transport-Zug anzetteln. Kann das Dorf dem tatenlos zusehen? Einer entschließt sich zur Tat. Ein Sikh, dem keiner diesen Mut zugetraut hat. Denn in dem Zug sitzt sein Mädchen, die Mutter seines zukünftigen Kindes. Ohne Beschränkung durch Religionsgrenzen hatte er sich in die Tochter des Imams verliebt.
Mit nur vier Schauspielern (Hanna Hagenkort, Alexander Scala, Bela Hoche und Jascha Schütz ) werden alle Rollen in diesem Religionskonflikt ganz nach an die Zuschauer im kleinsten Theater Hamburgs herangerückt. Nicht nur das Liebespaar sondern auch der Vorsteher der Gurdwara und der Moschee werden zu Menschen, die auch die eigenen Nachbarn sein könnten.. Dass sie gleichzeitig auch noch blitzschnell zu den Rollen ihrer jeweiligen Meinungs-Gegner wechseln können, indem sie nur ihren Schal anders um ihre Baumwolltunikas knoten, zeigt wie austauschbar die Positionen sind.
Der Konflikt, der hier in Indien verortet ist, könnte überall spielen. Dass Flüchtlingszüge Probleme in Ländern hoch kochen lassen, ist ein Phänomen, dass auch in Europa zu hitzigen Auseinandersetzungen führte.
Das Stück schlägt bisweilen einen moralischen Ton an, der ein wenig an Bertolt Brecht erinnert. Doch ebenso universell wie dessen Lehrtheaterstücke ist auch die Botschaft dieses indischen Klassikers der Partitions-Literatur von Khushwant Singh. Eine große Leistung für ein kleine Bühne wie das "Theater Das Zimmer", diesen Roman in der Bühnenfassung von Sven J. Olsson unter der Regie von Lars Ceglecki mit nur vier Schauspielern auf kleinstem Spielraum umzusetzen. Die nachempfundenen Zugtüren und Moscheefenster reichen dem Team zusammen mit den Bauklötzen, die zu Hausdächern, zu Trennwänden, zu Zugabteilen oder zu Sitzgelegenheiten werden können, um das Dorf entstehen zu lassen Und so von der verheerenden Instrumentalisierung der Religion durch Kriegstreiber und der Möglichkeit zur Verständigung zu erzählen.
Birgit Schmalmack vom 6.11.19



Zur Kritik von

titel-kulturmagazin 
 
 



Druckbare Version


Alles über Liebe, Theater das Zimmer
Robin Hood, Theater Das Zimmer