The Shadow

Schöner Alptraum

In dem Märchen „Der Schatten“, in dem ein Mann von seinem eigenen Schatten ermordet wird, erschafft Andersen einen düsteren Alptraum. Der Schatten hat keine Seele. Er versinnbildlicht das moralische Nichts, an dem das Gute scheitert. Gleichzeitig erzählt er von einem Identitätskonflikt, in dem die verschiedenen Seiten eines Menschen miteinander in Konflikt geraten.
Für den Live-Stummfilm, den Chilly Gonzales und Adam Taynor in „The Shadow“ daraus inszenieren wollten, waren diese Aspekte zu düster. Bei ihnen siegt letztendlich das Gute und der Schatten muss sterben.
In dem runden Säulenbau auf der Bühne sitzt das Orchester, das das Geschehen musikalisch untermalt, antreibt und atmosphärisch bestimmt. Chilly Gonzales hat dazu eine opulente Musik komponiert. In Anzug und glitzernden Schlappen residiert er am Piano.
Auf den zwei Leuchtwänden links und rechts vom Rondell werden der Mann und seinen Schatten zunächst als Schattenbilder sichtbar. Mit wenigen Finger- und Körperbewegungen wird der Handlungsverlauf ganz ohne Worte verständlich. Dann treten die Schauspieler aus den Leinwänden hervor und führen das Geschehen auf der Bühne weiter. Das ist perfekt getimt, geschickt kombiniert und wunderschön in Szene gesetzt. Alles erinnert an die Perfektion eines Musicals. Doch es bleibt an der ästhetischen Oberfläche. Die Abgründe, die Andersen erzählen wollte, bleiben ausgespart. Brüche, die weiteren Ebenen ausmachen könnten, fehlen. Das Stück schnurrt ab, leider zu vorhersehbar, um wirklich spannend zu sein.
Birgit Schmalmack vom 8.8.14




Druckbare Version


Giselle
Jan Plewka