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Die Orestie, Theaterfestival |
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Jeder trägt Verantwortung
Sechs schlammig-dreckige Gestalten erobern die schräge Bühne. Sie nähern sich dem Bühnenrand mit langsamen, fast bedrohlich wirkenden Schritten. Sind sie Überlebende, Untote, Außerirdische oder Botinnen einer vergangenen oder zukünftigen Welt? Ihre Kleider sind enge, verschmierte Bodysuits, ihre Gesichter sind weiß, ihre Münder blutverschmiert und ihre Haare zu unförmigen Büscheln verfilzt. Im Laufe des Abends wird klar: Sie sind alles zugleich: Im Chor berichten und kommentieren sie die Geschehnisse. Als Individuen werden sie kurzfristig zu Akteurinnen, die ihren Teil zum Unheil betragen. Als Botinnen künden sie von der Vergangenheit und der möglichen Zukunft. Als Erinnyen sind sie die Stimmen im Kopf, die antreiben und dennoch die Hoffnung auf Verbesserung nehmen. Wofür Peter Stein fast zehn Stunden brauchte, erzählt Antú Romero Nunes in knapp zwei Stunden. "Die Orestie" verknappt er auf die wesentlichen Punkte. Er verlässt sich dabei ganz auf sein hervorragendes, rein weiblichen Ensemble des Wiener Burgtheaters (Sarah Victoria Frick, Maria Happel, Caroline Peters, Barbara Petritsch, Aenne Schwarz, Andrea Wenzl) und verzichtet weitgehend auf dekoratives oder inszenatorisches Beiwerk. Er lässt den Text von Aischylos (in der Übertragung von Peter Stein) sprechen. Die Burgschauspielerinnen lässt er von ihrer Position im Chor in ihre Einzelrolle springen. Das geschieht ohne Brüche, wie eine natürliche Entwicklung. So erschafft Nunes einen klug zusammengeschnittenen Überblick über die unheilvolle Verkettung der einzelnen blutigen Aktionen, die von den Ausführenden jedoch immer als Reaktionen gerechtfertigt werden. Doch genau das ist die Fehlinterpretation: Die Akteure sind nur Glieder in einer Kette der Ereignisse und keiner kann die Verantwortung abschieben. Der Einzelne ist immer auch Teil des Ganzen. Der Chor ist nicht klüger als die vermeintlichen Akteure, denn er besteht aus ihnen. Die Einzelpersonen bleiben hinter ihren Masken verborgen, so sehr die Schauspielerinnen auch versuchen ihre individuellen Gefühlszustände deutlich zu machen. Sie bleiben immer nur ein Teil des Ganzen, aus dessen Masse sie für kurze Zeit heraustreten können. So legt Nunes den Fokus nicht auf die Einzelschicksale sondern auf ihre Funktion innerhalb der Geschichte. Das ist ein interessanter Ansatz, logisch konsequent umgesetzt und von eindringlicher Botschaft: Verantwortung tragen immer alle, und das nicht erst seit Athene die Erinnyen am Schluss zu Bürgerinnen erklärt hat. Birgit Schmalmack vom 10-5-19
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Rom, Thalia Checkpoint Woodstock, Thalia
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