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Die Verführbarkeit der Männer
Wie ist es um die Klugheit der Massen bestellt? Und damit um die Substanz der Demokratie? Wie erscheinen die Entscheidungen des Volkes in Zeiten von Populismus und der Selbstinszenierung starker Männer? Durchaus aktuelle Fragen, die Stefan Bachmann jetzt am Thalia Theater mit den drei Dramen von Shakespeare „Coriolan“, „Julius Cäsar“ und „Antonius und Cleopatra“untersucht, die John von Düffel auf einen Abend komprimiert hat. Bachmann spielt sie in einem pausenlosen zweieinhalbstündigen Abend durch. Wie ein antikes Maskenspiel muten die ersten beiden Teile des Dreierabends an. Auf der goldenden Pfeilspitze (Bühne: Altmann), die wie ein Fallbeil in der Mitte der Bühne schwebt und gewaltig in Schieflage geraten kann, agieren die Männer. Auf der Ebene können sie sich auf vermeintlich sicheren geraden Terrain bewegen, ihre Karriereleiter empor klimmen, gefährlich in Schieflage, ins Rutschen kommen und schnell an den Abgrund geraten. Im ersten Teil beansprucht der siegreiche Feldherr Cajus Marcius Coriolan des Thomas Niehaus die Macht der Regierung für sich und ist verwundert über die Ansicht des Volkes, dass es statt kriegerischer Siegesfeiern lieber einen gefüllten Teller in der eigenen Stube hätte. Die Arroganz der Herrschenden führt zum Aufstand der kleinen Leute, die von unten auf die da Oben hinaufschauen müssen. Doch "Seit wann ist Schwarmdummheit regierungsfähig?", fragt Coriolan provokativ.. Auch im zweiten Teil geht es um Machtverschiebung gegen einen Alleinherrscher. Cäsar ist ohne Zweifel eine erfolgreicher Herrscher, doch die Riege um Marc Anton und Brutus findet sich dennoch zum Staatsstreich zusammen. Sie wollen keinen Alleinherrscher über das Volk unterstützen. Während die Akteure im ersten Teil noch in unverhüllter Männlichkeit und Potenz auftreten, sind sie nun in glänzenden Anzüge zu Maskenköpfen zu sehen, die an alte Goldmünzen erinnern. Im dritten Teil verschiebt sich das Interesse der Machthaber in Richtung der Frauen. Statt Macht gerät hier die Lust in den Fokus. Die schöne Cleopatra hat Mark Antonius bezirzt und aus Rom weggelockt. Männer sind eben nicht nur Macht- sondern auch Lustwesen. Die Wechselfälle des Machtergreifung und des Machtverlusts schildert der Abend. Die Überheblichkeit der Herrscher, das Aufbegehren des Volkes, seiner selbst ernannten Vertreter und das Scheitern aller dieser Männer werden von Bachmann gezeigt. Doch am Ende bestimmen die Frauen die Geschicke. Sie packen die Männer bei ihrer im ersten Teil zur Schau gestellten Potenz. Bachmann lässt auch diese Frauen von Männern spielen, ganz im Stile des Shaklespearschen Theaters, das im Thalia aber eher an Travestie erinnert. Die Personen werden in ihren aufwändigen Kostümen im Fotodruck zu Gemälden ihrer selbst. So endet der Abend, so politisch und streng er auch begann, sehr unterhaltsam und gewollt erheiternd. So ernst nimmt sich Bachmann, sein politisches Theater und die Männer dann doch nicht. Es wird zu einer spielerischen Studie über die Verführbarkeit der Männern. Vom statischen, konzentrierten, fokussierten Maskenspiel über aktuelle gesellschaftspolitische Fragen bis hin zur klamaukigen Unterhaltungsshow war somit alles dabei. Birgit Schmalmack vom 8.4.19
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Druckbare Version
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Die Geisterseher, Thalia Die Orestie, Theaterfestival
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