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| Ich, das Ungeziefer, DSH |
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Zur Kritik von
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Ich, das Ungeziefer
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Mit Gregor Samsa im Kanalrohr
Das Ungeziefer, das sind wir alle. Die Zuschauer sind mit eingeschlossen in dem Kanalisationsrohr, in dem Gregor Samsa (Carlo Ljubek) nach seiner Umwandlung in eine Kellerassel haust. Für seine Familie gibt er nur noch unverständliche Grunzlaute von sich, einzig das Publikum kann ihn verstehen. Denn er sitzt mitten unten ihnen. Doch wer ist hier eigentlich der Patient? Das fragt sich nicht nur der herbeigerufene Arzt. Gregors Familienangehörige zucken, winden sich, grunzen, kreischen und winden sich ebenfalls in Verrenkungen, die auf Merkwürdigkeiten in diesem Haus sprechen. Gregors Veränderung wird so zum Spiegelbild der Beschädigungen in seiner Familie. Seine Mutter (Ute Hannig) trinkt, sein Vater (Samuel Weiss) benimmt sich wie ein unzivilisierter Kleinherrscher, seine Schwester (Gala Winter) hat sich dieser Familienhölle als überanpassungsbereites Wendepüppchen eingerichtet. Gregor wird sinnbildlich zum Ungeziefer der Familie, das ausgespieen und vernichtet werden kann. Zum Schluss kommt der Kammerjäger und vergast das Ungeziefer im Keller, natürlich inklusive des Publikums.
Theater, das überrascht, ist gutes Theater. Diesem Anspruch wird der Regisseur Viktor Bodó in der Neufassung des Kafkatextes von Péter Kárpáti spielend gerecht. Bodó entfacht ein Feuerwerk an Ideen, das er im Malersaal abbrennt. Er rückt dem Publikum auf die Pelle. Mitmachen ist hier angesagt, nicht nur in der ersten Reihe. Gregor, der zur Kellerassel mutierte Vertriebler, muss ganz entsprechend zu seinen tierischen Gewohnheiten, seinen Kot verzehren. Wenig später erkennt er mit seinem Besucher, dass man diesen „Shit“ auch wunderbar rauchen kann. Auch für die schöne Hutmacherin (Karoline Bär), die Gregor besuchen will, hat seine neue Form durchaus seine Vorteile: Sie findet hässliche Männer attraktiv und fühlt sich von „ihrem Käferchen“ angemacht. Der tobende Vater verwandelt sich zum Psychoanalytiker im feinen schwarzen Zwirn und versucht aus seinem Assel-Sohn verschüttete Geheimnisse heruas zu locken. Bodó geht es weniger um eine stringente Geschichte sondern um die Ausbreitung eines Anregungsteppichs, auf dem die Zuschauer sich freien und fröhlich bewegen können. Das hat kafkaeske, skurrile, groteske, beunruhigende und klamaukige Züge. Auch wenn Bodó darauf verzichtet hat, Gregor als Tier zu verkleiden, bleibt diese Familienaufstellung eher ein Spektakel als ein Schicksal, das berührt. Aspekte einer möglichen Analyse der Familienverhältnisse rücken dabei in die Ferne. Birgit Schmalmack vom 20.11.15
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In meinen Armen, Monsun
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