|
|
|
|
| Der Vorname, Theater Kontaste |
|
|
Zur Kritik von
|
|
|
Familienschiff im Orkan
Ein toller Abend soll es werden. Gastgeberin Babou (Vivien Mahler) hat sich wieder einmal alle Mühe gegeben. Ein orientalisches Büffet hat sie für heute Abend vorbereitet. Sie saust zwischen Küche, Kinder- und Wohnzimmer hin und her und versucht nebenbei ihren Mann Pierre (Konstantin Graudus) zum Anziehen eines sauberen Hemdes und einer Hose zu bewegen. Vergeblich! Noch bei dem Eintreffen des ersten Gastes, des Hausfreunds Claude (Benjamin Utzerath), ist er nur mit schlapperiger weißer Unterhose zum unübersehbaren Bauch bekleidet. Hier ist man bei Bildungsbürgern zu Besuch, die wenig Wert auf Äußerlichkeiten legen. Die beiden Wissenschaftler haben ihr Heim mit Bücherwänden tapeziert. Dass das Geld dabei nicht im Überfluss fließt, zeigen die Regalkonstruktionen, sie bestehen nur aus Obstkisten. Ganz im Gegensatz zum Schwager Vincent (Michael Lott), der als nächster eintrifft. Der wirft gerne mit Geld um sich, zum Zeichen dafür, dass er es geschafft hat. So kann er auch stolz seine um einiges jüngere hübsche Frau (Jodie Ahlborn) vorweisen, die gerade mit seinem Erben schwanger ist. Er ist nie um einen provokativen Spruch verlegen, mit dem er direkt die Nerven der Anwesenden trifft. Heute offenbart er zu diesem Zweck den Namen seines Nachwuchses: Aldolphe. Jeder denkt natürlich trotz der französischen Schreibweise sofort an Adolf Hitler und schon ist eine aufgeregte Diskussion im Gange. Pierre will gleich den Rechtsdrall auf der Ultraschallaufnahme gesehen haben und bezichtigt seinen Schwager abwechselnd als Faschisten, Naivling, Ignoranten oder Egomanen. Selbst als Vincent verspätet eintreffende Frau aufdeckt, dass alles nur ein Scherz gewesen sei, können auch Babous Beschwichtigungen und Büffetleckereien die Wogen nicht mehr glätten. Zu weit haben sich alle in Rage geredet. Nun geht es ans Eingemachte und alle verdrängten und versteckten Verletzungen und Geheimnisse brechen an die Oberfläche. Der Abend hinterlässt einen Scherbenhaufen. Und dennoch kann der Erzähler am Schluss vermelden: Alle werden weitermachen wie bisher. Eine Familie wie diese übersteht selbst solche Orkanstürme. Regisseurin Meike Harten hat mit ihren Darsteller die Komödie ganz im bewährten Stile einer Yasmina Reza bis auf den Punkt genau in Szene gesetzt. Jede Pointe sitzt bis in die letzte Geste. Die Schauspieler haben sichtlichen Spaß an der Geschichte und das überträgt sich aufs Publikum, das sich mit trommelnden Applaus bedankt. Birgit Schmalmack vom 25.11.15
|
Nordwind, Kampnagel Asche zu Asche, Mut-Theater
|
Druckbare Version
|
|
|