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| In meinen Armen, Monsun |
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In meinen Armen ein Stück Seele, Monsun Theater
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Verrückendes Verwirrspiel
Anna fühlt nichts mehr. Ihr Mann Hajo ist bestürzt und sucht Unterstützung bei einem Freund. Was wie eine in Jahre gekommene Paargeschichte beginnt, ist nur der geschickt ausgelegte Köder eines Abend füllendes Verwirrspieles. Autor Carsten Brandau legt Verständnisfährten aus. Gerne folgt ihm das Publikum, um dann festzustellen, dass der Weg ganz woanders hinführt als gedacht. Doch auch dabei belässt Brandau es nicht. Er dreht die Schraube der Absurdität so weit, dass man zum Schluss zu verstehen meint: Um Annas und Hajos Gefühle geht es hier überhaupt nicht, nein, es geht ganz etwas anderes. Doch um was? Vielleicht um die Vollbeschäftigung, für die die Gewerkschafterin Anna kämpft? Um die sexuelle Identität, um die erotischen Begierden Pubertierender und Chefs? Um den unerfüllten Kinderwunsch von Katia? Viele Wörter liegen auf dem Fußboden, schnell mit einem Filzstift auf weiße Blätter geschrieben und großzügig verstreut. Aus diesem Zettelbaukasten basteln sich die Schauspieler Fiona Metscher und Jo Schmitt ihre Geschichten zusammen. Immer wieder erfinden sie sich mit den wenigen Requisiten neu und springen von einer Identität in die nächste. Regisseurin Inka Neubert lässt sich ganz auf den alles verrückenden Text ein. Mit nur zwei Schauspielern, die ständig die Rollen wechseln und geschlechterübergreifend tauschen, treibt sie das Verwirrspiel konsequent bis zum Anschlag weiter. So hat sie die ideale Form für den Inhalt gefunden. Geht es doch auch um Körpertausch. Holger hat die Identität von Colette angenommen. Dafür hat er sich Lous Bein ausgeliehen, Katia hat sich einen fremden Arm an den Rumpf geschraubt und der Abiturient Irving erkennt eines Morgens, dass er in dem Körper seiner Mutter steckt. Jede Ordnung ist abhanden gekommen. Die Vereinzelung geht so weit, dass selbst die Körperteile nicht mehr zu einer Person gehören. Gehört mein Körper wirklich noch zu mir oder werde ich so stark durch meine Arbeit und die Gesellschaft fremd gesteuert, dass ich selbst den Bezug zu meinen Körperteilen verliere? Ist meine Identität wirklich so klar definierbar, wie ich stets meinte? Gibt es Katias Kind tatsächlich oder ist es nur eine Wunschvorstellung? Viele Fragen stellt dieser Abend, die bewusst keine Antwort erhalten. Einfache Wahrheiten sucht man hier bestimmt vergeblich. Stattdessen Wortschrauben, die sich ins Gehirn drehen und solange zum Weiter-, Neu- und Andersdenken anregen, das einem schwindlig wird. Inka Neubert hat dafür eine sehr mutige, sehr konsequente und im besten Sinne ver-rückte Umsetzung gefunden. Birgit Schmalmack vom 15.11.15
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Zur Kritik von
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Asche zu Asche, Mut-Theater Ich, das Ungeziefer, DSH
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