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Liebe: Trilogie meiner Familie 1, Thalia



Die vergebliche Suche nach dem Glück

„Ich will nur glücklich sein!“ Bis Clotilde (Marie Jung) ihr Glück leben darf, dauert es noch eine ganze Weile und es wird auch nur kurze Zeit währen. Denn zwischen ihr und ihrer Liebe stehen nicht nur die Jahre sondern auch die Anstandsregeln und die Wissenschaft. Denn letzterer hat sich ihr Onkel, Doktor Pascal, (Stephan Bissmeier) verschrieben. Die Regeln der Vererbung will er erforschen. In seiner Familie findet er ein reiches Forschungsfeld, was diese nicht besonders erfreut. Seine Mutter (Barbara Nüsse) hält dies für Gotteslästerung. Doch Pascal glaubt unerschütterlich an den Fortschritt, der nur durch die Vernunft möglich ist.
Ganz anderen Herausforderungen muss sich Gervaise (Gabriela Maria Schmiede), der Bastard der Familie, stellen. Als Lantier (Sebastian Rudolph) sie mit zwei Kindern sitzen lässt, hat sie schon mit den Männern abgeschlossen und will sich ab sofort sich mit ihren zwei Kindern alleine durchschlagen. Doch bald macht ihr der zupackende Zinnwerker Coupeau (Tilo Werner) den Hof. Zunächst scheint alles prima zu laufen. Doch dann stürzt er vom Dach und wendet sich zunehmend dem Alkohol zu. Als schließlich auch noch Lantier wieder zurückkommt und mit in Gervaises Wäscherei einzieht, verliert selbst dieses Stehauffrauchen die Kontrolle. Ihre Geschäfte laufen schlechter und schließlich trinkt sie zusammen mit ihrem Mann, um wenigstens etwas Gemeinsames zu haben.
Luk Perceval verschneidet diese Lebensläufe mit wenigen, gezielt eingesetzten Mitteln zu einem federleichten Lebensmosaik. Auf der Holzwelle des Lebens surfen diese Personen. Mal wird sie ihnen zum unüberwindlichen Hindernis, mal rutschen sie haltlos herunter, mal rennen sie ohne Anstrengung vor Energie hinauf, mal schaukeln sie vor Glück drüberhin und mal tanzen sie auf dem schmalen Kamm eine Polka. Es ist ein herrlich lebenspraller Abend geworden, in dem Herzenswärme und Philosophie sich die Wage halten. Lässt sich das Leben selbstbestimmt gestalten? Diese Einstiegsfrage muss nach diesem ersten Teil der Emile-Zola-Trilogie über die Familie und die Liebe wohl eher pessimistisch beantwortet werden.
Birgit Schmalmack vom 29.9.15