Die Tragödie von Romeo und Julia, Thalia



If music bet he food of love, play on!

Die Liebe ist ein Wahnsinn, dem Mann und Frau immer wieder gerne leidenschaftlich verfallen. Die Liebe entzündet sich gerne an Illusionen, die sich im Traumpartner ein Gegenüber zu erschaffen versuchen. Mit umso größerer Unbedingtheit wird diese Vision verfolgt, je jünger, unerfahrener und weniger abgeklärt die Liebenden in Sachen Liebe sind. Um diese energiegeladene Entschlossenheit auf der Bühne zu vervielfachen, hat Regisseurin Jette Steckel gleich 20 jugendliche Julias und 20 jugendliche Romeos auf die Thalia-Bühne gestellt. Sie vervielfachen die Wucht der Emotionen auf der ansonsten leeren Bühne. Ihre Gefühle werden noch vertieft, indem eine dieser Julias die grandiose Musikerin Anja Plaschg von „Soap & Skin“ und einer dieser Romeos der verträumte Anton Spielmann von „1000 Robota“ sind. Sie finden Töne, Klänge und Worte für diese Liebe, die kein Wenn und Aber mehr zulassen. Ihre Musik ist so überwältigend, dass alle eventuellen Fragen oder Bedenken in einer riesengroßen Gefühlswelle dahingeschwemmt werden.
So bleibt die große Liebe, die kein Hinterfragen zulässt, nicht zulassen will und kann, als einzig bestimmendes Moment des Handelns übrig. Diese Liebe muss den Tod in Kauf nehmen, um auf ewig bestehen zu bleiben. Sie wird über den gefühlsaufschäumenden Zustand des Verliebtseins nie hinauskommen. Diese Liebe kann nur so groß bleiben, da sie sich keiner Umsetzung in der Realität stellen muss. Romeo und Julia können gerade als herausragendes Liebespaar in die Geschichte eingehen, da sie so jung sterben.
So ist Jette Steckels Inszenierung des Shakespeare-Klassikers eine über dreistündige Feier des Gefühls mit allen Mitteln geworden. Sie bedient sich dabei eindrucksvoller Massenchoreographien, opulenter Musikarrangements, texttreuer Beziehungsstudien, spielfreudiger Machismoanalysen und wunderschöner Glitzerbilder. Sie kann auf ein exzellentes Ensemble zurückgreifen, bei dem jeder Auftritte zu einer detailgenauen Persönlichkeitsstudie wird. Mirco Kreibich (Romeo) und Birte Schnöink (Julia) überzeugen ebenso wie Karin Neuhäuser als tatkräftige, liebevolle Amme, Julian Greis als gewaltbereiter Raufbold, Rafael Stachowiak als mafiöser Provokateur oder Sven Schelker als ungewohnt attraktiver und sensibler Gegenspieler Romeos, um nur einige zu nennen. Florian Lösche liefert dazu eine Bühne, die ebenso einfach wie berauschend ist: Mit fünf Vorhängen aus Weihnachtsketten zaubert er mal einen glitzernden Partysaal, einen beeindruckenden Sternenhimmel, einen erdrückenden Glitzerregen, einen Irrgarten aus Licht und Schatten und mal einen strahlenden siebten Himmel, aus dem man nur allzu leicht abstürzen kann.
Birgit Schmalmack vom 8.12.14

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