Onkel Wanja, Burgtheater
Onkel Wanja als Komödie
Tschechow kann witzig sein. Das bewies Hartmann mit seiner Inszenierung von „Onkel Wanja“ am Burgtheater, die jetzt auf dem Theaterfestival zu Gast war. Sie beginnt mit einem Knalleffekt. Die Schlussszene des Stückes, in dem Wanja mit dem entsicherten Gewehr durch Jagd auf den Professor macht, setzt Hartmann an den Beginn. Damit ist die Richtung klar: Nicht selbstreflexive Langeweile und ewige Mitleidstour ist angesagt sondern Unterhaltung. Alle Aspekte, die dazu dienlich sind, hat Hartmann aus dem Stück „Onkel Wanja“ sorgsam herausgearbeitet. Das ist eine beachtliche Leistung. So häufig hat man bei Onkel Wanja noch nie gelacht. So werden die ineinander verwobenen unglücklichen Lebens- und Liebesgeschichten zu einer Komödie mit ernsten Untertönen. Onkel Wanja und seine Nichte Sofja (Sarah Viktoria Frick) arbeiten hart auf dem Gut. Der Gewinn ging stets an den bewunderten großen Professor in der Stadt. Nun ist der pleite und mit seiner jungen Ehefrau auf dem Gut eingezogen. Seitdem sind alle Alltagsregeln außer Kraft gesetzt. Nur Sonja arbeitet noch, alle jüngeren Männer sind nur noch mit dem Anhimmeln der schönen Jelena beschäftigt. Alle ihre unbefriedigten Lebenssehnsüchte brechen hervor angesichts der Schönheit und Unerreichbarkeit dieser Frau, die ihnen ihre ganze Hoffnungslosigkeit und Ödnis schmerzhaft eindeutig vor Augen führt.
Caroline Peters ist eine Jelena, die sich zwar ihrer Rolle ihrer aufopfernden, schönen Ehefrau äußerlich brav unterordnet, aber innerlich an Langeweile und Enttäuschung fast vergeht. Nicholas Ofczarek zeigt zunächst noch Wanjas joviale, ungestüme Lebensgier, um später seine ganze, alles verschlingende Verzweiflung immer deutlicher an die Oberfläche dringen zu lassen. Sarah Viktoria Frick gibt die bodenständige Arbeiterin, die selbstlos liebt und klaglos entsagt. Leider hat Michael Maertens als Alt-Idealist und Arzt Astrow wieder einmal nur das gespielt, was er so gut kann: den nöligen, traurigen Clown, der alle eigenen Aussagen gleich selbst mit einem ironischen Fragezeichen versieht. Das schmälert seine Figur und macht fraglich, ob sich eine kluge Jelena wirklich in so ein wandelndes Fragezeichen verlieben könnte. Der grandiose Mime Gert Voss bleibt in seiner Rolle als selbstmitleidiger, arroganter Egomane und Despot ungewohnt blass und eindimensional. Handwerklich fast durchgehend hervorragend gearbeitetes Unterhaltungstheater bekam das Festivalpublikum hier geboten, nicht mehr und nicht weniger.
Birgit Schmalmack vom 25.10.13