Die Ehe des Herrn Mississippi


Kabinettstückchen

Das Publikum hatte entschieden. Eines der vom ihm gewählten Stücke war Dürrenmatts Farce „Die Ehe des Herrn Mississippi“. Die junge Christine Eder hat sich dem aberwitzigen Stück angenommen. Herausgekommen ist ein Kabinettstückchen auf großer Bühne.
Eder verkleinert den Bühnenraum bewusst durch einen aufklappbaren Pappsalon in Miniaturausgabe, in dem sich alles abspielt. Hier ist alles Schein, hier ist alles Ironie, hier ist alles Inszenierung, das stellt sie gleich zu Beginn klar, wenn die Schauspieler sich auf offener Bühne die Schnurrbärte ins Gesicht schminken. Doch in dem kleinen Rahmen ihres instabilen Salons, in dem alle Möbel nur aufgemalt sind, dürfen sie ganz ernsthaft ihre Anliegen verhandeln. Und da prallen die Meinungen und Ideologien aufeinander. Der Herr Mississippi (Andre Szymanski) verfolgt den Wunsch als Staatsanwalt das Gesetz Moses wieder einzuführen. 350 Todesurteile pro Jahr sind sein Schnitt. Sein Ex-Kumpane Frederik (Sebastian Zimmler) dagegen will nichts weniger als die Weltrevolution, um den wahren Kommunismus eine neue Chance zu geben. Graf Bodo (Mirco Kreibich) kämpft für die einzig wahre Liebe. Der Minister Diego (Matthias Leja) will nur an die Macht. Und die schöne Frau in ihrer Mitte (Catherine Seifert) geht mit jedem von ihnen ins Bett, wenn es ihr nur Vorteile verspricht.
Alle diese Figuren seien erschaffen von der Gleichgültigkeit und dürsteten doch nach der Brüderlichkeit der Zuschauer, so verrät es das Dienstmädchen mit den Worten des Autors am Schluss. Genau in diesem Zwiespalt zwischen Ernst und Ironie versucht Eder das Spiel auf der Bühne zu halten. Das gelingt dank der guten Schauspieler, wäre aber auf der kleineren Bühne in der Gaußstraße noch besser zu Geltung gekommen.
Birgit Schmalmack vom 15.4.13



Zur Kritik von

Abendblatt 
dradio 
 



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