Revolvertraum


Angsträume

Das stärkste Gefühl, das ein Mensch empfinden könne, sei die Angst. Um sie zu bekämpfen, gäbe es ein wirksames Gegenmittel: Man müsse sich einfach vorstellen, man sei schon tot. Solche Thesen stellen die Protagonisten in Lola Arias Dreiteiler „Revolvertraum“ auf.
Immer wieder verknüpfen sich dabei Traum und Realität. Das Motiv des Russisch-Roulette taucht in allen auf. Der 36-jährige Julian (Thomas Niehaus) nimmt das 16-jährige Mädchen (Marie Löcker) mit zu sich nach Hause. Das unerschrockene, frühreife Mädchen will von ihm einen Liebesbeweis: Einen Schuss aus seiner nur mit einer Kugel gefüllter Pistole.
Als Julian (Pascal Houdus) mit seiner Ex-Frau, die ihn eines Tages plötzlich nach dem Frühstück mit dem gemeinsamen Baby verließ, des Nachts telefoniert, berichtet er ihr von seinem wiederkehrenden Traum. Als alter Mann nimmt er an einem Russisch-Roulette-Spiel teil, bei dem einer der Mitspieler von der Pistolenkugel ins Jenseits befördert werden wird.
Im dritten wird dann die Show auf der Bühne Wirklichkeit. Die drei Schauspieler mimen mit lebensgroßen Puppen vor dem Bauch drei Mitspieler, die einer Fernseh-Moderatorin erklären, warum ausgerechnet sie sterben wollen.
Das Bühnenbild (Anika Marquardt, Lani Tran-Duc) ist eindrucksvoll. Eine in der Mitte klappbare graue Stein-Wand verändert von Szene zu Szene ihre Position. Zu Beginn waberte durch einen kleinen Schlitz in der Wand beunruhigender, weißer Nebel über den Bühnenboden, während Julian und seine junge Gespielin in seinem Bett lagen. Während des Telefonates schuf die Wand zwei getrennte Bühnenräume. Bei der Show zeigte sie ihre funkelnde Glitzerrückseite.
Regisseurin Maria Ursprung verknüpft die Szenen nur dezent. Sie lässt entgegen den Erwartungen Julian von zwei unterschiedlichen Schauspielern und die beiden Frauenrollen von ein und derselben Person spielen. Dazwischen schaltet sie die sentimentale Popsongs „Summerwine“ und „I can’t get you out of my mind“, die von großen Gefühlen der Liebe und des Glücks träumen. Die Fallhöhe zu den real gewordenen Träumen ist hoch. Hinter der ästhetisch sehr ansprechender Fassade hinterlässt dieser Abend ein Gefühl der unbefriedigten Beunruhigung. Er stellt mehr Fragen, als er beantwortet. Ursprung überlässt es dem Zuschauer die Zusammenhänge zwischen den Szenen, die Beziehungen zwischen den Figuren und die Balance zwischen Realität und Traum zu ergründen.
Birgit Schmalmack vom 23.3.13

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Abendblatt