Eine amerikanische Umnachtung

Intelligente Gesellschaftskritik?

Randy Newman ist ein kritischer Zeitgenosse. Seine Lieder sprechen von genauer Beobachtungsgabe der amerikanischen Gesellschaft und mancher ihrer Fehleinwicklungen. Das hat sich ein Teil des Thalia-Ensembles (Hannes Hellmann, Bernd Grawert, Uschi Krosch, Thomas Niehaus, Tilo Werner) zum Anlass genommen, mit Hilfe seiner Songs ebenfalls kritische Anmerkungen zu den USA los zu werden.
Die musikalische Interpretation der Songs ist ein virtuoser Hochgenuss. Ständig wechseln die Sechs die Aufgaben, Instrumente und Stimmungen. So kommen Tuba, Waldhorn, Saxophon, Schlagzeug, Klavier, Xylophon, Bass und Gesang zu vielfältigem Einsatz. Immer überzeugt die musikalische Qualität.
Das gilt leider nicht für die Textbeiträge von Josef Ostendorf. Hier schießt jemand eindeutig über die Grenzen der intelligenten Gesellschaftskritik hinaus und wird nicht selten zotig, zynisch, gemein, sexistisch und rassistisch. Soll das von Intelligenz zeugen, offenbart es oft aber nur dumpfe Geschmacklosigkeit. Die übrigen Bandmitglieder verfahren nach dem Prinzip: bad guy and good guys. Mit stoischer Bittermine nehmen sie Ostendorfs untergründige Kommentare hin. Erst als dieser nicht mehr zu den Zugaben auf die Bühne kommt, kommt die Stimmung auf, die das musikalisch mitreißende Konzert eigentlich verdient hätte. Nicht jeder ist eben ein Marthaler.
Birgit Schmalmack vom 5.1.12