My life as a terrorist


Kleiner Mann, was nu?


Hans-Joachim Klein war der kleine Mann im großen Getriebe. Er fühlt sich immer noch eingesperrt im Gefängnis seiner Vergangenheit. Dreißig Jahre hat er gebraucht, um Verständnis für sich und seine Geschichte aufzubringen. In einem Buch hat er sie verarbeitet: „Rückkehr zur Menschlichkeit“ hat er es genannt.
Hans-Joachim Klein gehörte zur Frankfurter Sektion der Raf. Als einfacher Maschinenschlosser sah er in der alternativen Revoluzzer-Zelle seine Ersatz-Familie. Hier fühlte er sich anerkannt und wichtig. Er hatte eine Funktion, zum ersten Mal in seinem Leben. Für die anderen Intellektuellen der Gruppe war es praktisch, willige Handlanger, die nicht lange nachfragten, parat zu haben. So kam die Tatkraft Kleins bei der Besetzung der Wiener Opec-Zentrale 1975 zum Einsatz, in dessen Verlauf drei Menschen umkamen. „Das waren Morde“, gesteht Klein später ohne Ausflüchte. Er entkam nach Algerien, stellte sich aber 23 Jahre später freiwillig der Polizei und verbrachte fünf Jahre in Hochsicherheitsgefängnissen.
Dieser Klein steht nun im Mittelpunkt eines Doku-Theaters, in dem der Fernsehjournalist Tom Buhrow den Part des Live-Interviewers als auch etliche Nebenrollen in Kleins Leben übernimmt. Alexander Simon mutiert zum hessisch babbelnden, schüchternen und leicht begriffsstutzigen Klein, der erst mühsam die großen Zusammenhänge seines Tuns begreifen lernt. Simon mimt im Verlauf des Abends in der Thalia Garage auch den „Dany“, Daniel Cohn Bendit, der wie Joschka Fischer den späteren Aufstieg durch die Instanzen trotz gleicher Historie wie Klein geschafft hat. Simon verkörpert ihn mit jovial weit ausgreifender Gestik, die selbstbewusst den Raum einnimmt, den der verlegene Klein nie zu beanspruchen gewagt hat. Dieser hat sich nach seiner Entlassung aus Scham und Angst in eine einsame Hütte verkrochen, während andere Sympathisanten wie Bendit die großen Auftritte suchte.
Die Inszenierung von Ali M. Abdullah aus der Garage X in Wien wird zu einem erhellenden Stück über die inneren Strukturen der Raf aus Sicht eines kleinen Rädchens, durch das die große Maschinerie des Apparats erst in Gang halten konnte. Wenn die Ideen nur groß genug werden, scheinen alle Mittel, erkennt Klein.
Birgit Schmalmack vom 24.3.12



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