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Merlin oder Das wüste Land |
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Sind wir nicht alle ein bisschen Merlin?
Ein einsamer Baum dreht seine Runden auf der Bühne. Plötzlich zittern seine Blätter und ein Bein lukt aus der Krone. Sie schüttelt sich kräftig und zwei Clowns (Lisa Hagmeister, Mirco Kreibich) kullern auf den Boden. Der eine mit einer Teufelsfratze zur Harlekinkappe und die andere mit lustigen Zöpfchen zum Clownsgesicht. Ausgerechnet diese beiden, die der Überzeugung sind, dass der Sinn des Lebens aus Unsinnmachen besteht, bringen mit einem lauten Konfettiknall Merlin (Jörg Pohl) zur Welt: den zauberkräftigen Visionisten, der mit seinem Fähigkeiten eine neue Welt erschaffen will. Merlin ist ein Gandhi in Wickelunterhosen, mit nacktem Oberkörper und Dreadlocks, er ist der Seher, der Prophet. Mit einen Handstreich erklärt er die Deckenlampe des Zuschauerraumes zu Sternen, die an und ausschalten kann. Mit ihrer Hilfe entdeckt er im Zuschauerraum Artus (André Szymanski), den er zum Führer der Artusrunde ernennt, mit deren Hilfe er seine Utopie einer besseren Welt Realität werden lassen will. Merlin wird auch fortan der geistige Lenker dieser sagenhaften Ritterrunde bleiben, die sich dem Kampf für Gerechtigkeit und Frieden verschrieben hat. Doch die Bühnenbilder (Florian Lösche) sprechen Bände. Während der Zeit des „heiligen Krieges“ begrenzt eine dicke hölzerne Mauer den Weitblick auf der Bühne. Zehn Jahre später erklärt Artus die Zeit des Kämpfens endlich für beendet. Ein Labyrinth aus Papierbahnen hat inzwischen lichtere Wände auf die Bühne entstehen lassen. Statt Krieg haben die Ritter ein neues Ziel gefunden: Sie wollen den Gral finden. Endlich soll der Sinn des Lebens ergründet werden. Auch Lancelot hat sich auf den Weg gemacht. Mit Mordred (Rafael Stachowiak), dem mörderischen Sohn Artus schlägt er sich durch die Bahnen. Immer weitere Stücke des Papieres reißen ab, ganze Bahnen fallen zu Boden. Immer neue Räume werden sichtbar, auf die virtuellen Bilderwelten projiziert werden können. Auch der junge Parzival (Julian Greis) jagt blutüberströmt mit dem Schwert auf seiner erfolglosen Suche nach Gott hindurch. Während Merlin blühende Landschaften auf den Papierbahnen erkennt, sieht Parzival nur ödes Land. Am Ende sind alle Papierbahnen zu einem weißen Schneehaufen aufgetürmt, in dem Parzival sein desillusioniertes Ende sucht. In der Schlussphase ist die Bühne schwarz, nackt und leer. Alle Visionen haben ihre Strahlkraft verloren. Zu einem letzten Kampf wird aufgerufen. Der Clown berichtet emotionslos vom Verlauf: Alle Artus-Ritter sind tot, Vater Artus und Sohn Mordred haben sich sogar gegenseitig erschlagen. Alle Schauspieler stehen ratlos, kraftlos am Bühnenrand und sehen Merlin fragend an: Wozu hat er sie nur angetrieben? „Ja, dumme Sache…“, meint er verlegen lächelnd mit einem Achselzucken. Steckt in jedem heutigen Menschen nicht ein wenig Merlin? In einer fortschrittsgläubigen Gesellschaft, die an die Existenz eines Gottes nicht mehr glauben mag und von der eigenen Natur- und Technikbeherrschung überzeugt ist, jagen alle Zielen hinterher, die sich im Nachhinein nur als Verschlechterung der Lage herausstellen. Doch wenn es gilt Verantwortung zu übernehmen, kommt oft nur ein „Dumm gelaufen“. Die Klimaveränderung und die Bankenkrise sind nur zwei Stichworte, die dazu einfallen. Regisseur Antú Romero Nunes hat aus dem umfangreichen Textmaterial "Merlin oder Das wüste Land" von Tankred Dorst einen wunderbaren Theaterabend gemacht. Selten ist die Merlin-Saga so dicht an heutige Fragestellungen herangeholt worden und dennoch ihrem zeitlosen Kern treu geblieben. Selten ist sie so verspielt und humorvoll inszeniert worden, ohne dabei je ihre Tiefgründigkeit und Ernsthaftigkeit zu verlieren. Selten hat man einer dreieinhalbstündigen Aufführung beigewohnt und sich nicht eine Sekunde gelangweilt. Birgit Schmalmack vom 6.9.11
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Quijote. Trip zwischen den Welten Immer noch Sturm
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