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Fluide Geschichten die man nicht besitzen kann |
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Sich fallen in die weiten Arme des Netzes und drohen, durch seine weiten Maschen hindurchzufallen. Weil ein Gedanke zum nächsten führt, weil nie eine Frage nur eine Antwort haben kann, weil nie eine abgeschlossene Erzählung daraus werden. Das ist spannend und macht doch Angst. Das zeigt die Weite und Unergründlichkeit des Lebens , bietet kein Zuhause und kein Ankommen. Wenn die eigenen Emotionen in den Coronajahren nur noch den Widerhall des Internet Widerhall finden können. Wenn sie nur noch Ausdruck finden in der Widerspiegelung durch eine Geschichte, einen Song, eine Erzählung die man dort einsam für sich entdeckt, dann ist nichts mehr real, was nicht im WWW zu finden ist. So lassen sich die beiden Performerinnen Anna und David in die Stories von fallenden und verschwundenen Menschen fallen, denen sie Videobriefe schreiben. Auf der Bühne stehen ihre beiden Laptopscreens ebenso nebeneinander wie ihre Körper. Sie werden sich nie wirklich nahe kommen, so wie sie auch die Menschen, die sie im Netz aufstöbern, nie richtig verstehen werden. Sie nähern sich ihnen nur an, um nur auf weitere Fragen zu stoßen.
Anna-Kristine Linkes Inszenierung wird so zu einem fluiden Bildnis des Lebens, das sich selten fokussiert sondern einfach fließt. So fließt auch diese Bühnenarbeit unter dem Verzicht auf eine erkennbare Dramaturgie vor sich hin. Einmal scheint sich ein Höhepunkt anzudeuten. Ein Boxsack wird aufwendig an der Decke befestigt. Minutenlang umkreisen sich die Beiden auf der Bühne, bis David einen zaghaften Schlag tut und der Sack wieder abgebaut wird. So ist das Leben: Man bereitet sich ewig auf den einen Moment vor, er kommt und der große Effekt bleibt aus. Eine Arbeit, die Mut zur Unfertigkeit, zur Undramatik und zum Scheitern bewies. Und die auch zeigt, was geschieht, wenn alles nur in der Zweitnutzung aus dem Netz gefischt wird. Schon irgendwie anregend, aber eben auch wenig Eigenes aus erster Hand.
Birgit Schmalmack vom 12.6.22
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