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Wer einmal aus dem Blechnapf frisst, Thalia |
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Das innere Gefängnis
Willi will wieder ein ordentliches Mitglied der Gesellschaft werden. Das hat er sich nach seinem fünfjährigen Aufenthalt im Gefängnis fest vorgenommen. Allen Versuchungen will er standhaft widerstehen. Er will ganz bescheiden bleiben, ehrlich arbeiten, ein schlichtes Zimmer mieten und vielleicht mal ins Kino gehen. Er will nicht wie sein Knastkollege wieder krumme Dinger drehen, um zu Geld zu kommen. Doch seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein. Er wird von seinen Arbeitgebern radikal ausgenutzt. Die Polizei ist ständig hinter ihm her. Immer scheint er jemandem verdächtigt. Als er eine Frau kennen lernt, hofft er endlich auf das ganz normale große Glück. Doch es stellt sich nicht ein. Als die Polizei auch bei seiner Braut Ermittlungen anstellt, wird die Verbindung von der Familie sofort aufgekündigt. Willi verliert den Mut, vielleicht sollte er doch den Weg seines Knastkollegen einschlagen? Hans Fallada hatte einschlägige eigene Erfahrungen, die er zum Teil in seinem Roman "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" verarbeitete. In knapper, poetischer Sprache lässt er in die einfache Seele von Willi Kufalt blicken, seine Umgebung in allerlei exakt beschriebener Gestalten auftreten und die vorgezeichnete Tragik seines Werdegangs offenbar werden. Regisseur Luk Perceval interessiert aber in seiner Inszenierung im Thalia Theater weniger die äußere Knastifizierung als vielmehr das innere Gefangensein in bestimmten Vorstellungen. Sowohl das der Gesellschaft mit ihren Klischeebildern als auch das des Einzelnen mit seinen eigenen Glücks- und Normalitätserwartungen, die ihn falschen Sehnsüchten hinterherlaufen lassen. Auf die weiße alte Zirkusplane wird das Gerippe eines Karussells projiziert, das meist still steht. Übergroß taucht dahinter ein Mann (der Tenor Hendrik Lücke) mit einem Zylinder auf, der in Operettenschlagern aus den Dreißiger Jahren von den Sehnsüchten der Menschen erzählt, mit denen sie sich aus ihren alltäglichen Sorgen hinfort träumen können. Thilo Werner ist ein stiller, zurückhaltender Willi. In seinem übergroßen Anzug scheint er zu versinken. Alle seine Emotionen hat er bestens unter Kontrolle. Wie versteinert sind seine Gesichtszüge, wie eingefroren seine Gefühle. Erst ganz allmählich radikalisiert er sich durch die Zurückweisungen der Gesellschaft. Perceval versucht in dieser Inszenierung neben all der Tragik auch die Komik auszuloten. Alle Gestalten um Willi kommen als Karikaturen ihrer selbst auf die Bühne gefahren. Alle scheinen mit ihren rasenden Bürostühlen verwachsen zu sein. Sie bewegen sich auf ihnen blitzschnell vorwärts, während Willi wie am Fleck angewurzelt bleibt und nicht vorn der Stelle kommt. Perceval kontrastiert den aus der Zeit gefallenen Willi, der die schnelle Welt außerhalb des Gefängnisses nicht mehr versteht, mit der sich rasant den wirtschaftlichen Verhältnissen anpassenden Gesellschaft. Während Willi versucht ganz bei sich zu bleiben und sich auf seine Werte zu besinnen, spielen alle anderen eine Rolle, die sie blitzschnell wechseln können. So spielen Bernd Grawert, Stephan Blissmeier, Christina Geiße und Oliver Mallison und Kristof Van Boven bis zu zehn verschiedene Rollen des Stückes. Dabei schlüpfen die männlichen Darsteller auch gerne in die Gewänder der Frauen. Perceval ist eine zugleich unterhaltsame und tiefgründige Umsetzung des Fallada-Stoffes gelungen, die aber dieses Mal eher optisch als inhaltlich neue Aspekte zu zeigen vermag. Birgit Schmalmack vom 27.2.17
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Mutter Courage, Thalia Atlas der Angst, Thalia
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