Alles gefakt
In einer Gesellschaft, in der die Menschen nur über ihre Leistungsfähigkeit in ihrer Erwerbsarbeit definiert werden, ist ein Arbeitsloser wertlos. Der ewige Praktikant Friedrich (Ingo Mess) geht es fast noch schlimmer: Er arbeitet und ist dennoch wertlos, da er im doppelten Sinne umsonst arbeitet. So muss er sich von seiner erfolgreichen Freundin Laura (Judith Newerla) aushalten lassen. Als er dann plötzlich unerwartet auf eine Möglichkeit zum Gelderwerb trifft, greift er zu. Doch die vermeintliche Goldader, die er meint im Schwarzwald entdeckt zu haben, führt ihn in eine Abwärtsspirale, die ihn in die Tiefe reißt. Ganz anders seine Mutter Emma (Susane Pollmeier). Seit sie der Gedanke an ihre Endlichkeit gepackt hat, sehnt sie sich nicht mehr nach finanzieller Sicherheit sondern einem spannenden Lebensinhalt. Die Krankenschwester fängt an zu studieren. Auch der Schwarzwald-Bauer Wolf (Thomas Schultz) verändert sich durch die Jagd nach dem Gold. Seine lebenslange Männerfreundschaft mit seinen beiden Hofnachbarn (Erik Fiebiger, Marc von Henning) droht daran zu zerbrechen. Um sie wieder herzustellen, greifen sie zu radikalen Mitteln. Drei Geschichten hat Philipp Löhle in „Supernova“ geschickt verwoben. Immer geht es um die Suche nach demGlück. Doch nicht nur das Bühnenbild von Marcel Weinand ist von Pappe sondern auch die meisten vermeintlichen attraktiven Lebensziele, die die Erfüllung nur vorgaukeln. Auf die klischierte Puppenstuben-Idylle der engen Bretterbühne, die auf Rothaus-Bierkisten schwankt, zwängen sie ihre Träume und tanzen ihren heimattümelnden Ringelreihen bis zur Erschöpfung. Sie jagen ihren Sehnsüchten, die ihnen die Gesellschaft stetig vorspielt, hinterher, um dann festgestellt: Alles nur gefakt! Nur Emma nutzt den leeren Freiraum außerhalb der Postkartenklischees. Ganz nebenbei thematisiert Löhle auch die Entstehung von Blasen, nicht nur auf dem Immobilienmarkt sondern auch an der Edelmetall-Börse. Regisseurin Maryn Stucken erzählt von gefakten Idyllen, die nicht nur im Schwarzwald verortet werden können. Die Inszenierung ist ein gelungener Balanceakt zwischen überspitzter Klischees und menschlichen Tragödien. Birgit Schmalmack vom 29.10.13
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