|
|
|
|
| Jedermann |
|
|
Jedermann, Thalia
|
Der Tanz mit dem Tod
Selbst die Konfrontation mit dem Tod wird heutzutage zu einem Ego-Trip. Wenn Gott, Gewissen und Glaube abgedankt haben, muss der Mensch alles mit sich alleine ausmachen. So inszeniert Bastian Kraft im Thalia Theater den Jedermann von Hofmannsthal konsequenterweise nur mit Philipp Hochmair, der alle Rollen selbst spielt. Damit der Event-Charakter aber nicht zu kurz kommt, stellt er ihm die attraktive Musikerin Simonne Jones an seine Seite, die ihm dazu den güldenen Showauftritt verschafft. Zu Beginn leuchtet das doppeldeutige „Live“ noch in riesigen Scheinwerferkegeln über der großen Bühne. Da glaubt Jedermann noch daran, dass er mitten im prallen Leben stünde. Dann verkleinert sich seine Bühne mit ihren Live-Lettern so, dass er gerade noch darauf Platz hat. Und zum Schluss ist aus ihr eine klitzekleine Videoproduktion mit Hochmair im Winzformat geworden. Während Jedermann dem Tod immer näher kommt werden die Scheinwerfer, die ihm Leben und Aufmerksamkeit verschafften, immer kleiner, bis sie ganz verlöschen und Jedermann in die Grube sinken muss. Hochmair spielt, redet, singt und tanzt um sein Leben. Er ringt mit dem Tod mit all seiner Kraft. Der Jedermann sieht in seiner stimmgewaltigen Begleiterin zunächst nur das ihm gebührende, schmückende Beiwerk zu seiner Show. Sie gibt perfekt die glitzernde Verführerin. Die Erkenntnis kommt sehr schleppend: Sie ist die eigentliche Machthaberin in diesem Spiel. Sie ist der Tod, der unerwartet an seine Tür klopft und seinem egoistischen, prunkvollen, genussüchtigen Leben ein Ende setzt. Was hat er ihm entgegen zu setzen? Eine Stunde Aufschub ist alles, was er für sich erstreiten kann. Doch sein inneres Zwiegespräch mit Gott, dem Glaube und seinen Werken bringt nichts zu seinen Gunsten Sprechendes zutage. So muss er sich vom Tod das Licht ausknipsen lassen. Die Ego-Show ist zu Ende. Eine bezwingend konsequente Inszenierung, die leicht, verführend und unideologisch wie ein Konzert daherkommt und einen wie der Tod hinterrücks in seiner Eindeutigkeit und Klarheit überwältigt. Birgit Schmalmack vom 13.11.13
|
Zur Kritik von
|
|
Der Besuch Nirvana sehen
|
Druckbare Version
|
|
|