One day on a soultrain


Für eine bessere Welt

Ein Gegenentwurf zur realen Welt, das sollte der Soultrain sein. Sein Initiator wollte eine Welt des Friedens, der Liebe und der Kreativität erschaffen. Er glaubte an die Kraft der Musik, die alle Grenzen zwischen den Menschen überwinden könne. Das klingt wie eine Hippie- Utopie, die in den Sechziger entstanden sein könnte. Doch die jungen Leute aus Stellingen, die hier auf der Bühne stehen, sind eindeutig von heute. Wenn sie mit ihrer geballten Kraft der jugendlichen Energie, Talente und Schaffenskraft auf die Bühne stürmen, traut man ihnen allen zu. Doch auch heute haben Utopien in der Umsetzung ihre Schwierigkeiten. Als der Soultrainer auf ungeklärte Art verschwindet, nutzt der demagogische Anführer der Black Hawks das Machtvakuum und beginnt ein perfides Spiel der Unterdrückung und Spaltung. Bis wieder die Musik und die Harmonie im Vordergrund stehen darf, müssen viele Kämpfe zwischen den Parteien ausgetragen werden. Zum Glück für die Zuschauer in der rappenvollen Kampnagelhalle mit Hilfe der Musik. Hiphop, Soul, Rap, Breakdance - alle Stile und Ausdrucksformen der Jugendlichen haben hier ihren Platz um ein Statement gegen die Einfalt und für die Vielfalt zu werden. Ein mitreißender Abend ist Marble Preach und dem Lukule-Ensemble mit One Day on a soultrain gelungen, der die durch die Vielzahl der unglaublichen Talente dieser Jugendlichen überraschte und beeindruckte. Vielleicht auch deswegen, weil viele von ihnen ihre eigenen Wünsche an eine Zukunft des toleranten Miteinanders jenseits der Trennung durch Herkunft und Hautfarbe Ausdruck verleihen konnten.
Birgit Schmalmack vom 29.5.13



Die Weltverbesserungsguerilla


Eine bessere Welt herbeizaubern

Eine bessere Welt sich zu erschaffen, erfordert Anstrengung. Wie viel einfacher wäre es doch, sie sich einfach herbeizuzaubern. Doch mit Rauch, Zauberstab und Geschicklichkeit schafft man es vielleicht Menschen auftauchen oder zerschnittene Fäden wieder zu einem ganzen zu machen, doch zur Erschaffung einer besseren Gesellschaft benötigt man eher klare Analysen des Ist-Standes und Utopien für die Zukunft. Für "Die Weltverbesserungsguerilla" ergeben sich nach ihrer intensiven Sinnrecherche folgende Erkenntnisse: Eine Welt, die nur noch über Facebook kommuniziert, die sich mit Produkten vergnügt, für deren Testung Tiere qualvoll leiden mussten, die sich mit Serienquatsch die Birne und Zeit zudröhnt und die von einem Burnout zur Produktivitätssteigerung zum nächsten stolpert, braucht neue Ziele. Folgende machen sie aus: Das Teilen soll im Vordergrund stehen. Kleine Systeme sind besser als große. Das Einzelne sollte man zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Mut ist dabei das Zauberwort, das zum Schluss aus der Glaskugel gezogen wird.
Der Zauberkünstler Manuel Muerte und die Performancekünstlerin Claude Jansen haben zusammen mit dem Jungen DT eine nachdenkliche und unterhaltsame Show entwickelt, die durch ihre hohe Professionalität in der Darstellung und Ästhetik begeisterte.
Birgit Schmalmack vom 1.6.13



Ich singe gerne. Laut


Überwinden von Hindernissen

Die Geschichte von Werner soll erzählt werden. Doch wer spielt schon gerne einen Elite-Nazi-Jungen? Die Jugendlichen, die sich dieses Vorhaben zu Eigen gemacht haben, weigern sich immer wieder, in die Rolle des zehnjährigen Werner zu schlüpfen. So muss jeder (bzw. jede) mal ran und sich das Nazi-Käppi aufsetzen.
Dieser Werner ist der Vater der Regisseurin Rita Blunck. Er wurde als 10-Jähriger in das Elite-Trainingscamp Napola gesteckt, das zur Heranbildung der starken, blonden, hitlertreuen und nationalistischen Jugend dienen sollte. Doch daraus wurde für den kleinen Werner nichts, denn der Einmarsch der Alliierten setzte diesen Plänen ein jähes Ende. Werner wurde alleine im Camp zurückgelassen. Eine Odyssee durch das viergeteilte, besetzte Deutschland begann für den kleine Jungen. Ganz auf sich alleine gestellt bewältigte er die Strecke von Konstanz bis Hamburg in mehr als drei Monaten.
Diese Geschichte erzählen die 13 Jugendlichen in der Kampnagelhalle. Sie sind bestens dafür geeignet, denn sie sind Experten im Überwinden von Hindernissen und Bewegen im unwegsamen Gelände; sie sind alle Free Runner und Parcourläufer. Unaufwändig mit Turnböcken und Turnmatten arrangiert Blunck den Bewegungsraum für die jungen Leute. Das Spiel lebt von dem zehnjährigen Anton Wempner, der den jungen unbedarften Werner mit glaubwürdiger Naivität und Unschuld spielt. Wenn die Jugendlichen mit ihrem akrobatischen Bewegungskanon Werners Situation choreographisch ausdrücken, gelingen sehr berührende Momente.
Birgit Schmalmack vom 4.6.13




Ich singe gerne.Laut Foto von Kerstin Behrendt


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Dem Weggehen zugewandt
Hinter den Gärten