Miss Elvira, Opera Stabile



Psychogramm einer liebenden Frau

Donna Elvira ist eine wahrhaft liebende Frau. Auch nachdem sie erkannt hat, dass Don Giovanni sie betrogen hat, bietet sie ihm Verzeihung und Erneuerung ihrer Liebe an. Der notorische Fremdgeher spielt mit ihr seine Spiele der Verleugnung, Hinhaltung und Verlockung. Zum Schluss muss sie mit ansehen, wie er in den Schlund des Todes hinabgezogen wird.
Mit zerrissenen Strümpfen, Blättern auf Kleid und Perücke und notdürftig gepacktem Koffer flieht sie aus seiner Villa. Auf der Leinwand sieht man sie sie den Parkweg hinunterhetzen. Schon sind ihre klackernden Schritte in der Opera Stabile zu vernehmen. In dem verlassenen Toilettenraum auf der Bühne findet sie Unterschlupf. Die Türen der Klokabinen sind ausgehängt. Eine Badewanne voller Erde steht wie ein Grab in der Mitte. Sie will gerade aufatmen, da merkt sie, dass sie nicht alleine ist. Ein Mann hat sich ebenfalls hier einquartiert. Miss Elvira ist zu sehr Frau, als dass sie daran nicht Gefallen finden würde, denn er ist jung und gutaussehend. Und Elvira ist immer noch eine Frau, die ihre Hoffnung auf Liebe nicht aufgegeben hat.
Zwar entwickelt sich die neue Liebe nur auf der Leinwand, doch zufällig hat der smarte Gitarrist Ähnlichkeiten mit dem Mann im Film, zu dem Elvira schnell zarte Bande knüpft. Im Schnelldurchlauf wird die Geschichte einer durchschnittlichen Beziehung erzählt: eine zufällige Begegnung im Park, eine Einladung zum Essen, eine Auseinandersetzung im Bett und schließlich die Aufteilung der gemeinsamen Wohnungseinrichtung.
Gespiegelt werden die Entwicklungsstufen in Liedern von Schumann und Barockarien. Auch Versatzstücke der Ursprungsoper Don Giovanni von Mozart sind mit dabei, wenn es heißt, die Gefühlslage dieser Frau zu ergründen. Ihre Zielstrebigkeit, ihre Gefühlsstärke, ihre Impulsivität, ihren Liebeshunger, ihre Unbedingtheit und ihre Kompromisslosigkeit werden von der Mezzo-Sopranistin Catrin Kirchner in Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Johannes Öllinger in spannenden neunzig Minuten auf die intime Bühne gebracht. Ein neues Projekt von Musikregisseur Andreas Bode, das mit nur zwei Musikern, die gleichzeitig ausdrucksstarke Darsteller sind, und sparsamem Requisiteneinsatz für eine eindrückliche Musikperformance sorgen.
Birgit Schmalmack vom 1.12.11



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