Late night, Blitz Theatre Group


Solange die Musik spielt, sind wir in Sicherheit

Dieser Tanzsaal hat schon bessere Tage gesehen. Nur noch ein Haufen Schutt begrenzt die Tanzfläche, die aus einem abgetretenen Teppich besteht. Doch drei Paare tanzen weiter Walzer, auch wenn die Welt um sie herum zusammenbricht. Denn solange die Musik spielt und sie tanzen, können sie sich noch in Sicherheit wiegen.
Wir sind im Jahr 2030. Ganz Europa befindet sich im Krieg. In keinem europäischen Großstadt sind die Trümmer noch zu übersehen. Die Plätze sind aufgerissen, die Hochhäuser eingestürzt, die Brücken zerstört, die Menschen rast- und ratlos. Mal schließen sie der faschistischen mal der kommunistischen Partei an. Das Wort „Revolution“ schwirrt in ihren Köpfen herum, doch warum einen Aufstand anzetteln, wenn die Ziele abhanden gekommen sind? Liebe scheint die einzige Lösung. So sinken sie schnell für ein paar selbstvergessene Momente des Erinnerns an frühere Zeiten in die Arme des Tanzpartners, als sie noch glücklich waren. Doch immer wieder kann einer von ihnen die störenden Gedanken nicht aus seinem Kopf verdrängen und stürzt ans Mikrophon. Erzählt von Bomben auf Kreuzberg, von Atom-Katastrophen in Amsterdam und von brennenden Wolkenkratzern in London.
Die Blitz Theatre Group aus Athen ist ein Theaterkollektiv, das seine Texte und Inszenierungen zusammen ohne Regisseur entwickelt. „Late night“ ist ein bedrückendes Endzeitszenario, das die derzeitige Stimmungslage in Griechenland wohl eindrücklicher nicht wiedergeben kann. Erinnerungen an Christoph Marthaler werden wach, doch die Blitz-Gruppe arbeitet schneller. Bei aller Melancholie blitzen Witz, Ironie und Sarkasmus immer wieder auf. Eine starke Leistung aus Athen.
Birgit Schmalmack vom 6.2.14