Bye Bye Hamburg


In der Lotterie des Lebens

Die alten Koffer werden ordentlich ins Regal gestapelt. Auf ihnen stehen die Namen und ihre Ausreisedaten. Von Hamburg sollte es losgehen ins gelobte Land der Freiheit. Ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem es dreimal am Tag Fleisch gibt und nichts geflickt werden muss. In dem es jeder zum Millionär bringen kann. Doch zuerst müssen alle Formalitäten und Prüfungen in Deutschland überstanden sein. Dann muss die Überfahrt überlebt werden. Viele der Segel- oder Dampfschiffe, die von der Veddel aus in die USA starten, kommen nie dort an. Wer im Zwischendeck gebucht hat, dem steht für die nächsten Monate nur ein halber Quadratmeter Platz zu. Wenn man auf einem Segelschiff eingecheckt hat, kann der Gegenwind die Reise noch verlängern. So kommt manch einer gar nicht in gelobten Amerika an.
Doch auch hier sind noch viele Herausforderungen zu überwinden. Die Erlernung des „th“ hat so manche Karriere frühzeitig beendet. Nicht alle gewinnen in der „Lottery of Life“, die Schauspieler Pascal Houdus launig und in breiten Amerikanisch moderiert. Manch einer muss sich auch von den miserablen Arbeitsbedingungen der Hilfsarbeiterstellen geschlagen geben. Manch einer wird krank oder depressiv und sofort wieder aussortiert und zurückgeschickt. Doch manch einer schafft es genau in die Villa am Meer mit den Hausangestellten, von denen er in Deutschland geträumt hatte. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten verheißt viel und garantiert doch nichts. Wer es schafft, hat sich den Erfolg selbst zuzuschreiben und wer scheitert ebenso. Marie, die in Deutschland zurückbleiben musste, hat ihr Glück auch hier gemacht. Von ihren zwei Freundinnen hat dagegen nur eine den Aufstieg in erträumte Höhen geschafft.
Regisseur Christoph Rüping erzählt mit den fünf Schauspielern (Houdus, Alicia Aumüller, Christina Geiße, Peter Maertens, Maja Schöne) im Thalia in der Gaußstraße unterhaltsam und spannend von den historischen Erlebnissen der Auswanderer. Die fahrbaren Regalteile werden schnell zur Schiffsreling oder zur Showtreppe umgebaut, damit die Drehscheibe des Lebens umso besser erklommen werden kann. Ein toller informativer Theaterabend aus und über Hamburg.
Birgit Schmalmack vom 24.12.13