Lenz, Thalia in der Gaußstraße


Die Schleifmaschine, die sich Leben nennt

Der Mensch wird von der Gesellschaft in eine ihrer Lücken gestoßen, die er dann ausfüllen darf. Hier wird er von der Maschinerie des Lebens so lange abgeschliffen, bis er wieder aussortiert wird. Genau diese beschränkte Lebensperspektive ist es, an der Lenz irre wird. Er steigt aus. Er flüchtet sich in ein kleines Dorf in den Bergen. Er will seine Ruhe haben. Doch die Gesellschaft holt ihn wieder ein.
Dieses verzweifelte Bemühen, entsetzliche Ringen und letztendliche Scheitern die eigene Mitte zu finden, beschreibt Wolf-Dietrich Sprenger in seiner Spurensuche über den Schriftsteller Lenz. Was beginnt wie eine szenische Lesung, wird zu einem sich verausgabenden schauspielerischen Kraftakt. Sprenger schüttet sich kaltes Wasser über den Kopf, wenn er von Lenz’ Selbstmordversuchen im Brunnen berichtet. Er steigt auf einen Stuhl, wenn Lenz in dem Anfertigen einer Predigt Sinn zu finden versucht. Er schreit verzweifelt auf, wenn Lenz den Wahnsinn wieder ankriechen fühlt. Die Metallwand steht in einfacher Symbolik für Lenz’ Lebensgefängnis. Sprenger will mit keinerlei Mätzchen von der Kraft des gesprochenen Wortes ablenken. Er vertraut ganz des ausdrucksstarken Sprache Büchners. Einzig die Töne, die Christoph Bantzer dazu seinem Klavier entlockt und die Liedklänge, die die Souffleurin beisteuert, duldet er als zarte Verstärkung. Doch er lässt nicht zu, die Geschichte von Lenz einfach als die eines Wahnsinnigen abzutun, sondern er interpretiert sie als die eines Menschen, der am Leben, das ihm die Gesellschaft vorschreibt, verzweifelt und zugrunde geht.
Birgit Schmalmack vom 11.9.13



Zur Kritik von

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