Frühlings Erwachen



Entwirren der Lebensfäden

Das Leben ist wie ein großes Fadenbündel, das man erfolglos zu entwirren sucht. So geht es Moritz und Melchior. „When I was young, life seems to be so wounderful,” das stimmt für die Beiden gar nicht. Ebenso wenig für ihre Freunde. Frank Wedekind beschreibt in seinem Stück „Frühlings Erwachen“ eine Jugend in den 20ziger Jahren mit all ihrer Verklemmtheit, klaren Rollenzuschreibung und Leistungsdruck. Wenn auf die transparenten Vorhänge, die den kleinen Rasenplatz umgeben, der klar umgrenzt den schmalen Freiraum dieser Jugendlichen definiert, Bilder einer schönen blühenden Frühlingslandschaft projiziert werden, dann steht das im klaren Gegensatz zu der Verfasstheit der jungen Leute. Sie würden so gerne ihre Jugend, Energie, Lebensfreude und Neugier ausleben, doch die Gesellschaft mit ihren fest vorgeschriebenen Regeln verbietet es ihnen. Auf die Erprobung der Freiheit steht hier die Todesstrafe.
Die jungen Theaterakademie-Absolventen, mit denen Karin Neuhäuser dieses Stück inszeniert hat, sind in einer anderen Lebenswelt groß geworden. Wenn sie aus den früheren strengen Tanzstundenpeinlichkeiten ausbrechen und in ein heutiges ungezwungenes Partytanzen umswitchen, wird der Kontrast umso deutlicher. Doch Neuhäuser bleibt beileibe nicht in der Glorifizierung der Errungenschaft der Gegenwart stecken. Denn auch diese Zeit kennt ihre Zuschreibungen und Zwänge. Heute muss die Frau nicht nur gut kochen können, erfolgreich im Beruf sondern gleichzeitig sexy sein. Neuhäuser lässt Texte heutiger Autoren mit einfließen. Da fragen sich die Jugendlichen: „Warum kann ich mich nicht loslassen? Warum kann ich kein anderer sein? Warum bin ich ein Versager? „The game of life ist hard to play, suicide ist painless“, stellen sie fest. Moritz wird ihn in die Tat umsetzen. Neuhäuser schafft es mit dem tollen Ensemble (Irene Benedict, Jasper Diedrichsen, Raphael Gehrmann, Jakob Geßner, Marie Jordan, Björn Meyer, Lea Nacken, Louisa Zander) eine zeitlose Collage über Lebensfragen, die nicht nur Jugendliche beschäftigen, aus Wedekinds Vorlage zu machen.
Birgit Schmalmack vom 19.5.13



Zur Kritik von

Abendblatt 
 
 



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Körber Junge Regie 2013