Traurige Clowns ohne Plan



Kann ein Mensch, der Zeit seines Lebens in einem dunklen Kerker gelebt hat, sich der Menschlichkeit und Güte erweisen? Kann jemand, dem nie Liebe und Anerkennung zuteil wurde, diese selber geben? Dieser Frage geht Calderon in seinem Stück „Das Leben ein Traum“ nach. Prinz Sigismund (Jens Harzer) wird gleich nach seiner Geburt weggesperrt. Sein einziger Kontakt zu einem Menschen ist der zu seinem Wächter (Felix Knopp). Seinem Vater (Christiane von Poelnitz) war vorhergesagt worden, dass sein königlicher Sohn sich zu einem Monster entwickeln würde und so hatte er ihn nach der Geburt in den Kerkerturm gesperrt. Nun aber reut den alten Vater seine harte Entscheidung und er will seinem Sohn eine Chance zur Bewährung geben. Das Experiment scheitert vorhersehbar und der Prinz wird zurück in den Kerker verfrachtet. Alles nur ein Traum gewesen..., will man ihm weismachen, als er sich in seinem Kerker wiederfindet. Doch dabei bleibt es nicht. Autor Calderon schafft es, dem Stück noch im letzten Drittel ein überraschendes Happy-End zu verschaffen. Der Böse wird gut, das Volk ist klüger als der Vater und dem Vater wird verziehen.
In seiner Inszenierung dieses andeutungsreichen und vielschichtigen Stück hat Johan Simon weniger Traumgestalten als vielmehr traurige Clowns auf die Thaliabühne gestellt. Sie stolpern beherzt und unbeholfen über die vom Leben gestellten Aufgaben, ohne zu ahnen, was der große Plan dahinter sein könnte. Sie stehen auf der schwarzen Bühne mit großen Spiegelwand und sehen immer nur sich selbst. Zusammen gehalten wird die Inszenierung von Jens Harzer, der als einziger genau zu wissen scheint, dass er nichts weiß und damit nur von Minute zu Minute einen Schritt vor den nächsten setzen kann. Während alle anderen so tun müssen, als hätten sie Ziele und eine Strategie sie zu erreichen.
Dennoch kommt Simon immer wieder an Punkte, in denen auch er nicht verhindern kann, dass die Story unglaubwürdig und konstruiert wirkt. Dann rettet er sich in Komik. Dank des wie immer hervorragenden Ensembles gelingt es ihm dennoch, stets wieder auf die Kernfragen des Stückes zurückzukommen: Wie wird das Gewissen des Menschen geschult? Ist der Mensch von Natur aus gut? Wo verläuft die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit? Dennoch bleibt am Schluss der Eindruck eines etwas unentschlossenen Zugriffs. Weder wagt es sich ganz zu den philosophischen Abgründen vor noch stürzt es sich dezidiert in den Klamauk. Doch genau damit scheint es auch perfekt in unsere Zeit des Dazwischen, des Nach-allen-Seiten-Offenbleibens und des Diskursiven zu passen. Somit macht es ein bisschen Spaß, regt ein bisschen zum Nachdenken an, tut aber niemandem weh.

Birgit Schmalmack vom 1.4.24




Das Leben ein Traum, Thalia Foto: Armin Smailovic

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