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Die Katze und der General, Thalia Theater |
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Wenn die Menschlichkeit nicht mehr zählt
Auf der dunklen Bühne heben und senken sich die schwarzen Wände. Sie öffnen und schließen immer neue Räume. Unübersichtlich ist das Geschehen und ähnelt damit der verschlungenen Handlung im Roman. Damit der Zuschauer nicht die Übersicht verliert, schreibt der Journalist (André Szymanski), jeweils die Jahreszahl und die Orte auf die Wände, zuerst mit Kreide dann mit weißer Wandfarbe. Zum Schluss ist die Bühne übersät mit Markierungen der Randdaten der Handlung. Wie Menschen in die Mühlen der Macht geraten und sich dadurch ihr Leben nachhaltig verändert, zeigt Nino Haratischwili in ihrem neuen Roman "Die Katze und der General". In Tschetschenien begann alles. Nora, eine junge Frau (Lisa Hagmeister), will raus aus ihrem Nest und die Welt sehen. Doch sie wird es nicht schaffen. Sie wird von russischen Soldaten vergewaltigt und ermordet. Orlow (Jirka Zett) war daran als Rekrut unfreiwillig beteiligt. Er wurde so zum Mittäter und trägt an dieser Schuld schwer. Der Journalist interessiert sich schon lange für dessen Lebensgeschichte. Er ist auf der Suche nach der Wahrheit. Immer wieder suchte er dafür den Kontakt zur investigativ arbeitenden Kollegin Natalia Iwanowna (Karin Neuhäuser), die als Kopie der 2006 ermordeten Reporterin Anna Politkowskaja zu erkennen ist. Als warnendes Beispiel zeigt sie ihm, wie gefährlich diese Arbeit ist. Regisseurin Jette Steckel kennt sich mit der Inszenierung von Nino Haratischwillis umfangreichen Romanen aus. Im Thalia brachte sie "Das achte Leben (für Brilka)" in einer umjubelten Fassung auf die Bühne. Sie weiß mit den zahlreichen Quer-, Rück und Vorverweisen, mit den Anspielungen, mit den historischen Parallelitäten umzugehen. Zwar ist der letzte Roman auf einer kürzeren Zeitraum beschränkt, in seiner Erzählstruktur aber nicht weniger verschlungen. Steckel behält diese bei. "Vergiss die Literatur", erkennt der "General" Orlow im Laufe seines Lebens. Sie hat keinen Wert mehr in einer Welt, die der Menschlichkeit, der Wahrheit und den Werten abgeschworen hat. Er entscheidet sich für die Macht. Doch als er im fortgeschrittenen Alter genug von ihr angehäuft hat, holt ihn die Erinnerung wieder ein. Mit dieser Macht will er nun die Auseinandersetzung der Täter mit der Vergangenheit erzwingen. Dazu braucht er die "Katze", eine junge Schauspielerin, die der ermordeten Tschetschenin aufs Haar gleicht. Sie engagiert er durch den Journalisten für ein Einladungsvideo. Doch bis das alles klar ist, gilt es die erste Hälfte des Theaterabends im Thalia auszuharren. Erst nach der Pause nimmt der verschachtelte Politthriller seinen spannungsgeladenen Endspurt auf. Wohl dem, der so lange durchgehalten hat. Er wird zu der zweiten Hälfte mit einem grandiosen Show-Down belohnt. Steckel setzt nicht auf bloße Spannung, sondern nimmt sich Zeit für die Hintergründe. Passend dazu gewinnt auch das Bühnenbild im Verlauf des Abends erst wie seine Figuren an Komplexität. Je mehr Farbmarkierungen sich auf den schwarzen Wänden befinden, desto mehr verdichtetet sich auch die Handlung. Doch auch wenn Orlow zum Schluss seine Version der Geschichte offen legt, bleibt die ersehnte Gerechtigkeit eine Illusion. Die Geschichte ist eben kein guter Autor für die Frage nach Schuld und Sühne. Da können auch Autorin und Regisseurin nur abbilden. Birgit Schmalmack vom 16.11.19
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Druckbare Version
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Georg Elser, Thalia Liliom, Thalia
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