Besuch bei Mr. Green, Thalia



Flottes Wohlfühltheater

Ross steigt nur unwillig die Stufen zu Mr. Greens Apartment hoch. Das Gericht hat ihn zu einem halben Jahr Sozialstunden bei dem alten Mann verpflichtet, da er ihn mit seinem Auto beinahe umgefahren hat. Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit; auch der alte Mann verbittet sich jede Einmischung in sein Leben, dessen Aktivitäten er seit dem Tod seiner Frau auf ein Minimum heruntergefahren hat. So gleicht seine Wohnung eher einer Müllhalde und sein Essen besteht hauptsächlich aus Kräckerkeksen. Er hat mit dem Leben bereits abgeschossen. Doch Ross darf das aufgrund des Richterbeschlusses nicht zulassen. Als er am nächsten Donnerstag eine koschere Suppe mitbringt, landet er einen Achtungserfolg. Als sich herausstellt, dass auch er eine Jude ist, scheinen die beiden sich näher zu kommen. Doch nur so lange, bis Green herausfindet, dass Ross schwul - ein Feigerle - ist und Ross, dass Green seine einzige Tochter verstoßen hat, weil sie einen Nichtjuden geheiratet hat. Ab da hat Ross nur noch ein Ziel: Green muss sich mit seiner Tochter versöhnen.
Das Stück von Jeff Baron ist ein flottes Wohlfühlstück mit voraussehbarem Happy-End. Gesellschaftliche Vorurteile werden in schnellen Dialogen und kurzen Szenen aufgespießt. Die beiden Thalia-Darsteller Peter Maertens und Sven Schelker sind perfekt für die Rollen geeignet. Doch die Regie von Wolf-Dietrich Sprenger bleibt leider zu sehr an der gefälligen Oberfläche. Sie setzt noch zusätzlich auf Tempo, Drive und Witz und überspielt die Momente, in denen das Nachdenken einsetzen könnte, lieber schnell mit ein paar flotten Musikeinspielungen. So werden die Stellen, an denen es erst richtig interessant werden könnte, nicht voll ausgenutzt.

Birgit Schmalmack vom 16.2.16

Zur Kritik von

Abendblatt 
NDR