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Leben in der Schonfrist |
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So ideal sieht diese neue Welt aus. Die Hochhäuser sind nagelneu, die Bäume sehr grün und das Meer schimmert im Hintergrund. Selbst der Berliner Funkturm wirkt schöner, eher wie eine Diskokugel. Die Spieler*innnen springen aus dem Flugzeug hinunter in diese Zukunftswelt. Scheinbar sanft landen sie hier. Doch selbst wenn sie keinen Fehler machen, könne es sein, dass sie das Spiel am Ende verlieren werden. Das verrät ihn gleich der erste Avatar, dem sie hier begegnen. Die Jugendlichen, die hier in "Fututreland" gelandet sind, scheinen sich in einem Computerspiel zu befinden, doch leider ist das, was sie hier erleben, keine Simulation sondern sehr real. Angst vor morgen begleitet sie seit ihrer Ankunft. Sie sind aus Kriegsgebieten geflohen, sind als unbegleitete Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Manche von ihnen haben ihre Eltern verloren, andere sind vorgeschickt von der Familie worden, um weitere Mitglieder nachzuholen. In der Regel haben sie für diese langwierige Prozedur, auf dessen Beschleunigung sie keinen Einfluss haben, wenig Zeit. Denn sie haben nur eine Schonfrist, und zwar bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Wenn sie bis dahin kein Asyl erhalten, werden sie abgeschoben und der Familiennachzug entfällt. So besteht die erste Amtshandlung von Futureland darin, das Alter der Jugendlichen möglichst genau zu bestimmen. Danach soll man sich integrieren, die Sprache lernen, Freizeitaktivitäten nachweisen, gut in der Schule sein. Lola Arias hat mit acht Jugendlichen dieses Stück erarbeitet. Ihre Geschichten, die ein wenig von ihrer Flucht aus Syrien, Afghanistan und Guinea und viel vom Ankommen in Deutschland erzählen, bringt sie in kleinen Spielsituationen in dem Computer animiertem Futureland auf die Bühne. Da blicken KI- Lehrer aus der Willkommensklasse oder KI-Interviewer aus der Ausländerbehörde auf die Jugendlichen herunter und stellen ihnen mit ihrer Computer-Sprache Fragen, geben Anweisungen oder Ratschläge. In der besuchten Aufführung waren zwei der Darsteller*innen aufgrund von Krankheit nicht anwesend. So gab es statt der eigentlich vier Gesangs- und Tanzeinlagen an diesem Abend nur zwei und zwei Persönlichkeiten fehlten. Zusätzlich haben die Coronaregeln die Inszenierung in ihrer Atmosphäre sicherlich stark beeinflusst. Spontanes Zusammenrücken, Umarmen oder Näherkommen musste gestrichen werden. Eventuell ist der Eindruck dieses Abends vielleicht also davon beeinflusst. Dennoch: Im Herbst 2020 wirken die Jugendlichen in Futureland fast so künstlich und reglementiert wie ihre Avatare, denen sie gegenüber stehen. Und so ergibt sich eine ganz neue Aussage: Das System hat schon auf die Jugendlichen abgefärbt, dass auch sie nur noch Figuren in dem Verwaltungssystem von Futureland sind. Selbst der Spaß an den kleinen Fluchten im Spiel scheint mittlerweile eingeschränkt. Das macht Arias Ansatz eher noch berührender. Birgit Schmalmack vom 22.10.20
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Futureland im Gorki
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Druckbare Version
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Jeder stirbt für sich allein, MGT Futureland, Gorki
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