Rose Bernd ist Lina Beckmann
Angeblich in Festtagstracht herausgeputzt, doch eigentlich zur maskenhaften Puppe verunstaltet steht sie da, die Rose Bernd. Die schöne tüchtige junge Frau hat ein weiß geschminktes Gesicht und eine Zottelmähne aus Lametta und bunten Bändern auf dem Kopf. Rose, die so gerne die brave Tochter ihres frommen Vaters (Michael Prelle) wäre und sich dennoch auf eine Affäre mit dem Dorfvorsteher Flamm (Markus John) eingelassen hat, hofft, dass sie stark genug für alles sein werde, was sie noch bewältigen muss. Ihr Liebhaber beteuert, dass er sie liebe und sie auch gerne heiraten würde, doch er hat eine kranke Ehefrau (Julia Wieninger), der er in tiefer Freundschaft verbunden ist. Auch Rose ist schon vergeben, an den Wunschkandidaten ihres Vaters, dem vermögenden, aber körperlich beeinträchtigten Bauchbinder August Keil (Maik Solbach). Rose hat die Heirat immer wieder hinausgeschoben, doch jetzt scheint Eile geboten, denn sie ist schwanger. Leider gibt es einen Mitwisser ihrer vorehelichen Affäre: den eitlen, umtriebigen, leichtlebigen Maschinisten Arthur Streckmann (Gregor Bloéb), der Rose mit seinem Wissen zu erpressen versucht. Rose weiß, dass ihre Lage nicht rosig ist. Unter den gestrengen Augen der allgegenwärtigen Kirchgänger, die stets als schwarzer Chor mit weit aufgerissenen Mündern durch die düstere Bühneschräge laufen, ahnt sie, welches Urteil des Volkes Seele über sie sprechen wird. Ich bin stark, so sagt sie in einem immer währenden Mantra beschwörend zu sich selbst. Die einzige, die ihr Hilfe verspricht, ist ausgerechnet die betrogene Ehefrau (Julia Weininger), die von ihrem Hintergangensein noch nichts ahnt. Die gutherzige, kluge Frau, die an ihr Bett gefesselt ist, versucht der jungen Rose zur Seite zu stehen, so lange bis sie hinter die wahren Zusammenhänge kommt. Karin Henkel hat ihre wunderbar dichte, stringente und durchdachte Inszenierung des Hauptmann-Stoffes zuerst bei den Salzburger Festspielen und jetzt auch in Hamburg gezeigt. Mit Lina Beckmann in der Titelrolle, dem Fantasieräume öffnenden Bühnenbild von Volker Hintermeier, einem tollen Ensemble und dem Atmosphäre schaffenden Chor ist eine berührende Aufführung gelungen, der in dieser Spielzeit hoffentlich noch etliche in ähnlicher Qualität folgen werden. Birgit Schmalmack vom 10.10.17
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