hamburgtheater

..... Kritiken für Hamburg seit 2000

Gaslight, English Theatre

Gaslight, English Theatre

Foto: ETH/ Stefan Kock

Fesselnder Psychothriller

Gaslighting, ein Verb, das mittlerweile auch in der deutschen Sprache gebräuchlich ist. Welches Verhalten sich dahinter verbirgt, kann man im English Theatre studieren. Dort ist der Psychothriller „Gaslight“ von Patrick Hamilton zu sehen. Kostüm- und bühnenbildtechnisch in seiner, der viktorianischen, Zeit verortet, handelt es von der vergifteten Beziehung zwischen Ehemann Jack und seiner Frau Bella, die er langsam in den Wahnsinn treibt. Er beschuldigt sie immer wieder, Dinge entwendet oder verlegt zu haben, die er selbst versteckt. Da ihre Mutter in einer Irrenanstalt starb, glaubt Bella allmählich selbst daran. Jack manipuliert so ihre Vorstellungswelt ganz nach Belieben. Doch als er wieder einmal ausgegangen ist, bekommt Bella unerwarteten Besuch: Ein ehemaliger Inspektor steht plötzlich in ihrem Wohnzimmer und macht ihr klar, dass sie keineswegs an Wahnvorstellungen leidet. Ab da beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, der bis zum Ende hin unglaublich spannend bleibt. Denn Jack kommt den Nachforschungen auf die Schliche und bedroht seine Frau nun mit Gewalt.
Die Inszenierung von Paul Glaser lebt von dem ausgezeichneten Ensemble. Jede der fünf Rollen ist perfekt besetzt. Hier stimmt jede noch so kleine Mimik. Die beiden Hausangestelltinnen sind so unterschiedlich wie gut gezeichnet. Claire Morrissey ist die liebeswürdige und loyale Elizabeth, die Bella so gerne in ihrer misslichen Lage unterstützen würde. Niamh Deasy spielt die junge dralle Dienstmädchen, das auf das arme Wesen Bella herabblickt und umso bereitwilliger auf die Avancen des Hausherrn eingeht. Marie Wilson zeigt Bella zunächst als zart, hilfsbedürftig und unterwürfig, die um die Gnade und Liebe ihres Mannes bettelt, um dann langsam zu erstmaliger Stärke zu finden, nachdem sie zu ahnen beginnt, dass dieser Mann sie nur missbraucht. Kevin Johnson gibt Jack als den kaltschnäuzigen Manipulator, der Menschen als seine Marionetten ansieht und gewohnt ist, sie zu seinem Vorteil zu benutzen. Doch ohne den Ian Bailey als Inspektor Rough wäre dieses Stück nur halb so gelungen. Wie dieser in seinem immer noch ungebrochenen Ermittlungseifer um die Menschen und Fakten herumtänzelt und Stück für Stück die Wahrheit ans Licht holt, ist absolut sehenswert. Er ist das Zentrum dieses Abends, der psychologisch sensibel den Begriff Gaslighting so in eine Handlung umsetzt, dass seine Auswirkung in jedem Moment nachfühlbar ist und seine Auflösung über (mit Pause) fast drei Stunden lang fesselt.
Birgit Schmalmack vom 27.12.25

hamburgtheater - Kritiken für Hamburg seit 2000