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Achtsam Morden durch bewusste Ernährung, Altonaer

Achtsam Morden durch bewusste Ernährung

Altonaer Theater, Foto: G2 Baraniak

Geschicktes Pendeln zwischen Sprach- und Flachwitz


„Body Positivity bedeutet für Sie doch nur: Lebenslügen haben dicke Beine.“, erläutert Joschka Breitner seinem Klienten Björn Driemel. Und einen dicken Bauch, der ihm zunehmend Probleme bereitet. Driemel kann sogar seiner Aufgabe als beschützender Vater nicht mehr nachkommen. Beim Verhindern einer Entführung seiner Tochter gerät er so aus der Puste, dass er fast zu spät gekommen wäre, um sie noch zu retten. Also war mal wieder ein Besuch bei seinem Achtsamkeitscoach fällig. Der empfiehlt ihm jetzt ein Gerät, dessen Benutzung er ihm bis ins letzte Detail erklärt. Nach einem Darm-Einlauf werde er sich viel besser fühlen, verspricht er.
Zusätzlich aber will sich Driemel auch noch ein Hobby zulegen. Er gärtnere jetzt, erzählt er stolz seiner von ihm getrennten Ex-Ehefrau Katharina. Dass es sich in Wirklichkeit um eine Cannabisplantage unter einem Leopardengehege im Zoo handelt, verrät er nicht. So ist ein Treffen mit seinen Mafia-Freunden natürlich inklusive. Alle Zutaten zu den Vorläufern der „Achtsam morden“- Serie im Altonaer Theater sind wieder versammelt. Eine schlichte Bühne vor dem heruntergelassenen eisernen Vorhang, ein paar Sitzgelegenheiten und vor allen Dingen zwei Garderobenständer. Denn schneller Kostümwechsel ist hier gefragt. Während Dirk Hoener nur einmal seine Hose herunterlassen muss (für besagten Einlauf), sind seine beiden Mitspieler:innen ständig mit neuen Jacken, Hüten und Frisuren zu sehen. Sie springen blitzschnell in alle weiteren Rollen: zwischen Kindergärtnerin und Ehefrau, Gangsterboss, Klassenlehrerin, Tochter, Junkie, Sicherheitsbeauftragter, Tierpflegerin und Ernährungsberater. Die Jokes pendeln zwischen Sprach- und Flachwitz, gepaart mit einer Spielwut des Ensembles, das sich selbst nie allzu ernst nimmt.
Der Abend nach Karsten Dusses Bestseller unter der Regie vom Hausherrn Axel Schneider lebt von dem Spaß der Schauspielenden: Dirk Hoener, der als Anwalt Björn Diemel durch die Handlung führt, Chantal Hallfeldt und Georg Münzel in allen weiteren Rollen. Und von der Ankleiderin, die immer auf der richtigen Seite beim Umziehen hilft und auch mal in ein Leopardenkostüm schlüpft. Das ist ein großer Spaß für das Publikum, bei dem allerdings der Inhalt ebenso schlicht ist wie die Bühnengestaltung. Selbst der Titel führt in die Irre: Zwar darf Breitner etliches über bewusste Ernährung zum Besten geben, aber auf einen Mord wartet man bis zum Ende vergebens.
Birgit Schmalmack vom 27.12.25

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NDR
 
 

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