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  • immer wieder mit einem Berlin-Special

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Vanja, Winterhuder Fährhaus Oliver Mommsen bewältigt seine darstellerische Mammutaufgabe grandios. Er interpretiert die verschiedenen Variationen dieser enttäuschten Menschen wie nebenbei, völlig klischeefrei und unaufgeregt. Er deutet den Perspektivenwechsel nur mit einer minimalen Haltungsänderung oder mit einem kleinen Tonwechsel an. Dazu passt, dass seine Kleidung mit Strick-Polo-Shirt zu Hose und Nickituch keinerlei Hinweise auf eine Zugehörigkeit gibt. Er trägt Lidschatten zu Männerhaarschnitt und nur ein paar seiner Fingernägel sind rot lackiert. Er kann alles sein, denn er gibt der Enttäuschung nur unterschiedliche, vielgestaltige Ausformungen. © Franziska Strauss

Yggdrasil - Geschichten aus der Edda, ANU-Theater Manche werden zunächst das gewohnte Anu-Theater-Arangement mit dem Spazieren durch die verschiedenen Stationen vermissen, doch hier geht es eben nicht um kurze Stippvisiten sondern um ein konzentriertes Einfühlen. Allerdings werden diejenigen mehr Spaß an der dieser Arbeit haben, die sich ein wenig mit den vorkommenden Figuren auskennen. Dann kann das große Personentableau leichter an schon vorhandenes Wissen anknüpfen. Doch es ist auch möglich, sich einfach hineinziehen zu lassen in diese mythische Vorstellungswelt. Denn sie enthält durchaus Parallelen zu heutigen Figuren und Verhaltensweisen, die aus einer Zeit zu stammen scheinen, die weit vor Wissenschaftserkenntnissen, Bildungszuwachs und Aufklärung liegen und sich jeden der Vernunft folgenden Erklärungsversuchen entziehen. Sollten wir nicht schon weiter sein? Was ist angesichts dieser Ähnlichkeiten vom vermeintlichen Fortschritt zu halten?

Fame, First Stage So kommt in der Inszenierung von Erik Petersen am First Stage Theater nichts zu kurz. Weder die mitreißenden Songs noch die fetzigen Choreographien, weder die einzelnen Entwicklungsgeschichten noch das Auf und Ab der Gefühle, die damit verbunden sind. Eine gelungene Neuinszenierung des berühmten Musicals, die sicher auch deswegen so gut gelang, weil sie so perfekt in dieses Theater passt. Stehen doch hier immer wieder Absolventen der eigenen Musicalschule auf der Bühne. Wer wüsste besser als sie, welche Achterbahnfahrten ihre Emotionen absolvieren müssen, bis sie zu Fame gelangen. Die nötige Authentizität ist hier inklusive, denn alle auf dieser Bühne wissen genau, wovon sie erzählen.((c) Dennis Mundkowski)

Michel Abdollahi, Es ist unser Land, Centralkomite Abdollahi liest an diesem Abend nur den Prolog und das Ende des Buches vor. Dazwischen spricht er lieber direkt die Zuhörenden im vollbesetzten Centralkomitee an. Er schildert ihnen ganz direkt seine Eindrücke vom sich vollziehenden Rechtswende im Lande. Er greift dabei auf seine Recherchen im Nazidorf Jamel, seine Recherchen in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Kiel oder Niedersachsen zurück. Er schaut auf seine charmant nachbohrende, entwaffnend ehrliche, seine sympathisch hinterfragende Art den Deutschen in die Seele. Er wirkt dabei immer freundlich, obwohl die Gegenseite das nicht immer zurückgibt. Er zeigt den Respekt und die Neugier und spiegelt somit die Zustände für die Deutschen, die diese Einblicke gerne die Augen verschließen.

Wie im Himmel, Ohnsorg Theater Regisseur Harald Weiler nutzt die Film- und Romanvorlage für seine Inszenierung am Ohnsorg Theater für einen nachdenklichen Wohlfühlabend mit Musik und Botschaft. Er schneidet die Szenen geschickt und unaufwendig auf offener Bühne ineinander. Auf der Drehbühne wird die nebelige norddeutsche Landstraße zum holzgetäfelten Gemeindesaal. Weiler gelingt es, die Vorlage völlig kitschfrei auf die Bühne zu bringen, trotz all der vielen Happy-Endings, die die Musik hier den Menschen beschert. Die authentischen und sympathischen Darsteller, die auch noch hervorragend singen können, machen den Abend überaus sehenswert und bescheren den einen oder anderen Gänsehautmoment im Ohnsorg Theater. (Foto: Oliver Fantitsch)

Invisible Hand, English Theatre Die Inszenierung von Clifford Dean setzt ganz auf seine drei Hauptdarsteller. Lee White als Nick nimmt man den verängstigten Todeskandidaten, der alles tut, um am Leben zu bleiben in jedem Moment ab. Er führt in seinem Spiel durch alle Gefühlszustände der Verzweiflung, der Hoffnung, der Todesangst und der Erkenntnis seiner Machtlosigkeit. Man fühlt mit ihm mit. Ismail Khan als Bashir macht mit seinem pakistanischen Londoner Akzent die Klassenunterschiede von vornherein deutlich. Er leidet unter der Diskriminierung, die er Zeit seines Lebens von den Weißen erfahren hat und die er nun an Nick auslassen kann. Er kann sie nun durch umso Härte gegenüber Nick ausspielen. Rohit Gokani als Imam gibt den jovialen Gutmenschen, der die Menschlichkeit selbst unter diesen Umständen zu bewahren will. Doch das ist nur Schein. Immer wieder spielt er seine Macht aus, um zu zeigen, von wessen Gnade das Weiterleben abhängig ist. Es braucht nicht mehr als eine Gefängniszelle, um einen hochspannend Psychothriller zu erzählen.

Königs schenken nach, Schmidts Tivoli Der zweite Teil des Kiezmusicals über die sympathische Undergroundfamilie aus lauter Individualisten erfüllt die hohen Erwartungen an eine Unterhaltung, die lustvoll mit Kiezklischees spielt, ihre Charaktere aber nie verrät, und die freudig Klamauk abliefert, aber nie ins Geschmacklose abdriftet. Hier kann man sich amüsieren, ohne sich hinterher dafür schämen zu müssen. (Fotocredit Szenenfotos: Morris Mac Matzen)

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