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| Späte Nachbarn, Thalia |
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Späte Nachbarn
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Ausgestellte Einsamkeit
In seinen Träumen macht sein Gehirn keinen Unterschied zwischen Tod und Leben. In Harrys Träumen leben alle seine verstorbenen drei Ehefrauen und alle seine Freunde, die schon auf der anderen Seite sind. Der über achtzigjährige Harry hat sich eingerichtet in seiner alltäglichen Routine in einem Hochhaus mit Balkon über der Miami Beach. Doch dann bekommt er unerwarteten Besuch. Nebenan ist eine „junge“ Frau eingezogen. Mit hoch toupierten blonden Haaren, mit Perlen behängt, im lachsrosa Kostüm steht seine Nachbarin vor ihm, ihr Gesicht hinter Schminke und Sonnenbrille versteckt. Sie will nach dem Tod ihres Mannes wieder leben, verkündet sie. Mit künstlichem Lachen und kapriziösem Beinwurf tut sie ihr Bestes um Harry zu beeindrucken. Was ihr spielend gelingt. Nur zu gerne übersieht der alte Mann die Künstlichkeit ihrer Show und schöpft Hoffnung auf ein weiteres Stückchen Leben. Als er einen Kuss wagen will, erstarrt Ethel zu einer Salzsäule und bittet ihn zu gehen. Dass sie sich wenig später vom Balkon stürzt, lässt seinen Traum wie eine Seifenblase zerplatzen und ihn den ganzen nächsten Tag im Bett verbringen. Der Regisseur Alvis Hermanis hat zwei Geschichten von Isaak B. Singer in „Späte Nachbarn“ in Szene gesetzt. Juden in Amerika waren für ihn verlorene Seelen, die auch wenn sie wirtschaftlichen Erfolg hatten, nie richtig angekommen waren. Ihre Körper waren in Amerika gelandet, aber ihre Seelen waren noch in Polen oder Deutschland, so Singers Beobachtung. Noch deutlicher macht dies die zweite Geschichte. In einem bühnenbreiten Wandschrank sind die beiden Alten eingesperrt. Lotte hat sich in ihre Welt der Geister um Bagavar Krishna zurückgezogen. Dr. Kalischer hält sie zwar für völlig meschugge, muss aber zugeben, dass auch seine eigenen philosophischen Ergüsse über die die Verbindungen zwischen Erotik und der Vernichtung der Juden nicht weniger abwegig sind. So fügt er sich in sein Schicksal und nimmt neben Lotte auf ihrem Sofa unter den automatischen Zeichnungen, neben den Klangschalen, der Kristallkugel und der ausgestopften Katze Platz und lässt für die nächste Seance mit Elefantenmaske und Sari herrichten. „Es gibt keinen Tod. Wir leben und lieben ewig,“ droht ihm Lotte. Barbara Nüsse und Andre Jung sind zwei perfekte Darsteller für diese beiden ungleichen Paare. Man braucht viel Geduld für diesen Abend der Erinnerungen. Bis kurz vor Mitternacht muss man den Alten zuhören. Sie geben mit ihren schlurfenden, müden Bewegungen das Tempo vor. Hermanis macht es den Zuschauer allzu leicht, diese Menschen in Schubladen oder Wandschränke zu stecken, da er ihre Skurrilität in allen Einzelheiten ausstellt. Das verstellt leicht den Blick auf ihre tiefe Heimatlosigkeit, Einsamkeit und Verzweiflung. Wer sich jedoch in die verschrobenen Gedankenwelt diese verlorenen Seelen einfühlen mochte, lernte Menschen kennen, die ihren ganz speziellen Umgang mit ihren Lebenswunden gefunden hatten, um die eigentliche Frage zu vermeiden: „Wozu lebt der Mensch?“ Birgit Schmalmack vom 5.1.15
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Antigone, Thalia
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