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Woyzeck, DT

Zur Kritik von

Nachtkritik 
Freitag 
DLF 


Woyzeck, DT

Vielleicht war aber alles auch ganz anders

Ein Tisch, eine Glaskaraffe, ein Haus, ungewöhnliche Bäume, ein Vogel, eine Frau und ein Mann sind auf dem Bild zu sehen. Doch was geschehen ist oder geschehen wird, ist weniger eindeutig. Viele Deutungen der möglichen Beziehungen der drei Personen und der Gegenstände wären denkbar. Was Heiner Müller in seiner Bildbeschreibung mutmaßte, trifft auch auf die Beziehung von Franz und Marie in „Woyzeck“ zu, jedenfalls in der Sicht von Sebastian Hartmann am Deutschen Theater. Für ihn sind die Nebenfiguren vernachlässigbar. Er konzentriert das Drama auf die beiden Figuren des Mannes (Benjamin Lillie) und der Frau (Katrin Wichmann). In ihrer Geschlechterbeziehung liegt schon ihr blutiges Ende. Bei ihm brauchen die Beiden nicht den Druck der Gesellschaft, der auf den Soldaten Woyzeck durch seinen Hauptmann und das medizinische Versuchskaninchen Woyzeck durch seinen Arzt ausgeübt wird. Selbst seine mögliche Eifersucht auf den Tambourmajor, dem Marie schöne Augen macht, ist nicht ausschlaggebend für die Tat. Denn sie könnte ebenso von Marie wie von Franz verübt worden sein. Das Messer übt den Geschlechtertausch. Die Beiden sind in einer gewalttätigen Beziehung zueinander verknüpft. Wenige Küsse und viele Schläge kennzeichnen ihre Beziehung, das zeigt sich schon in der Eingangsszene. Sie kämpfen und ringen im Gegenlicht in dem dunklen Trichter, in dem sie beide miteinander gefangen sind. Hier führen sie ihren ineinander verhakt ihren einsamen Kampf, aus dem es nur ein Entrinnen gibt: den Tod. Doch wie in der Bildbeschreibung angedeutet wird: Vielleicht kehrt die Frau auch als Wiedergängerin wieder zurück und nicht einmal die Tat beendet ihre Verstrickung?
Denn nachdem der Trichter sich nach Maries Tod zu einer großen weiten hellen Fläche geöffnet hat, ist er am Ende wieder geschlossen und Marie liegt wieder zu Franz Füßen und steht auf. Hier nur zum Schlussapplaus, aber genauso gut könnte das Spiel der beiden wieder von vorne beginnen.
Birgit Schmalmack vom 4.4.16



Thisisitgirl, Schaubühne

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