Die Macht der Fantasie
Wir sind der Stoff, aus dem die Träume sind. Das erkennt Prospero (Frank Röder) erst ganz zum Schluss. Bis dahin hält er sich für den Macher, den Dirigenten, den Erschaffen von seiner Welt. Doch nun ist ihm seine Zauberkraft ausgegangen. Ohne seinen Luftgeist Ariel kann er nicht einmal die anderen zum Mitfeiern animieren, so sehr er auf die Stimmungstube drückt. Selbst Ariel ist die Puste ausgegangen; er hängt müde an der Diskokugel, mit der gerade noch durch die Luft geflogen ist. Prospero hatte sich auf seiner Insel, auf die er durch die Intrigen seines machtgierigen Bruder mit seiner kleinen Tochter (Daniela Bjelobradic) bei einem Schiffunglück geworfen wurde, seine eigene Welt erschaffen. Er ist zwar nicht der König von Mailand mehr aber der König dieser Insel. Ihm sind hier nicht nur der einheimische Barbar Kaliban (Dimosthenis Papadopoulos) sondern auch die Geister und Elfen untertan. So konnte er hier die letzten 12 Jahre überleben. Doch nun sieht er die Chance zur Rehabilitation gekommen. Die Verwandten, die ihm damals so übel mitgespielt haben, segeln auf einem Schiff an seiner Insel vorbei. Also entfacht er mit Hilfe von Ariel einen Sturm und lässt das Schiff untergehen und alle auf seiner Insel stranden. So hat er sie endlich vollkommen in der Hand. Regisseurin Mona Kraushaar macht von Anfang an klar, dass hier alles Fantasie ist. Die Bühne ist leer. Der Sturm wird von Windmaschinen und der Regen vom Wasserschlauch gemacht. Die Palme wird auf Rollen herangefahren und der Sand kommt aus der Tüte. Ariel ist ganz schlicht in Unterhose und Unterhemd unterwegs. Miranda ist eine schüchterne piepsige Brillenschlange, der Prinz Ferdinand ein dicklicher, ungeschickter Anzugträger. Ein Traumpaar sind anders aus. Kraushaar entfacht ein Feuerwerk an Ideen, das keine Anleihen am Trash und Improvisiertem scheut. Sie dreht die Shakespeare-Schraube noch ein wenig weiter, bei ihr gibt es kein Happy End, sie lässt die Traumwelten jäh auf die erträumten Realität aufprallen und zerschellen. Wieder einmal einer für das Ernst Deutsch Theater mutige Inszenierung, die sich in eine Reihe derer einreiht, die nicht nur das Stammpublikum gekonnt erstaunt und herausfordert. Birgit Schmalmack vom 29.10.15
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